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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoemann, Reinhold: Ausstellung neuer und alter Gartenkunst der Gruppe Brandenburg der "D. G. f. G." im kgl. Kunstgewerbe Museum zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0301

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294

DIE GARTENKUNST.

XIV, 19

grundstücke besonders wertvoll geblieben und die
Käufer würden auch für diese Grundstücke höheren
Preis angelegt haben. Der See aber gehörte allen, der
jetzt nur wenigen gehört, die abgelegenen Baugrund-
stücke würden dadurch sicherlich wesentlich wertvoller.
Mir scheint eine Gartenstadtpolitik, wie sie hier durch-
geführt wurde, eine sehr kurzsichtige zu sein und ein
Projekt wie das vorliegende gehört nicht auf eine Aus-
stellung, auf welcher man vorbildliche Lösungen zu
sehen erwartet, vor allem aber sollten die zuständigen
Behörden ihm die Genehmigung versagen.

Noch einen andern Fehler will ich kennzeichnen,
weil er immer und immer wieder in allen möglichen
Varianten, vom Park bis zum Hausgarten, insbesondere
aber auch bei öffentlichen Platzanlagen vorkommt. Der
Fehler beruht darin, daß eine prunkvolle, repräsentative
Schmuckanlage geschaffen wird auf Kosten notwendiger
Zweckforderungen, die in erster Linie hätten berück-
sichtigt werden müssen.

Zum Beweis dessen will ich eine Bahnhofsplatz-
anlage besprechen, deren Projekt in Grundplan und
Ansicht ausgestellt wurde.

Das Bahnhofsgebäude liegt etwas erhöht. Mehrere
zuführende Straßen münden auf einen eiförmigen Vor-
platz. Die Hauptstraße führt direkt auf den Bahnhof
zu und würde, wenn sie durchgeführt würde, den Platz
in zwei gleiche Hälfte teilen.

Auf diesem Platz in der Achse der großen Straße ist
nun eine dekorativ, repräsentative Schmuckplatzanlage
eingebaut. Vom Bahnhof aus betritt man über vier
aufwärtsführende Stufen einen terrassenartigen Vorplatz,
die Weiterführung des Verkehrs ist nun nicht direkt
nach der Hauptstraße durchgeführt, sondern man muß
um eine Schmuckanlage herumgehen und zwar zunächst
auf 3 Treppen mit vielen Stufen heruntersteigen, um
dann am Ende der Anlage wieder auf mehreren Stufen
heraufzuklettern. Also 2 mal auf Treppen bergauf, dann
3 mal auf Treppen herab und dabei noch auf einem Umweg.

Man sollte glauben, der Verfertiger des Entwurfs
hätte niemals die Eisenbahn benutzt, hätte nie eilig
mit schwerem Handgepäck den Weg zum Bahnhof ge-
nommen, hätte nie beobachtet, wie die andern Menschen
gepäckbeladen zum Bahnhof hineilen, tunlichst auf
direktestem Wege, hätte nie gesehen, wie umgekehrt
die Ankommenden meist eilen, um nun nach Hause,
oder zu den Verwandten oder Geschäftskunden zu
kommen. Wenn der Verfasser das wirklich gesehen
hätte, könnte er unmöglich seine hindernde komplizierte
Treppenanlage geschaffen haben.

Wenn die Prunkanlage als solche noch so gelungen
ist, so ist die Anlage als Bahnhofsvorplatz durchaus
unzweckmäßig und verwerflich.

Fehler dieser Art sind viel häufiger als man ge-
meinhin denkt, man prüfe daraufhin einmal die Garten-
schöpfungen und man wird staunen, wie oft derartige
Fehler in den verschiedensten Varianten wiederkehren.

Sehr anzuerkennen ist, daß die Sicherheit im Ge-
stalten des Gartenraumes eine weit größere ist wie

früher. Auch das sachlich gute und künstlerisch takt-
volle Ausschmücken der geschaffenen Gartenräume läßt
erhebliche Fortschritte erkennen, ich verweise nur kurz
auf manche wirklich vorbildliche Leistung, wie sie etwa
Barth-Charlottenburg, Froebel Erben-Zürich, Ochs-Ham-
burg (Leberecht Migge), Schnackenberg & Siebold-Ham-
burg und andere vorführen. Aber auch auf diesem
Gebiet sind manche Lücken zu erkennen, die noch an
ein altes, handwerksmäßiges Schema erinnern. Ich will
nur auf eine oft wiederkehrende Erscheinung aufmerk-
sam machen. Irgend ein Gartenraum, sagen wir mal
ein umschlossenes großes Rasenviereck, soll geschmückt
werden, vielleicht mit Blumen. Nun werden an dem
Rande des Rasenvierecks Blumenrabatten angelegt und
zwar etwa so: ein nicht übermäßig langes Rechteck-
beet wechselt mit zwischengelegten kleinen Rundbeeten,
die natürlich anders bepflanzt sind als das Rechteck-
beet, oft steht dann auf dem Rundbeet eine Buxkugel
oder eine Taxuspyramide und auf den Rechteckkanten
stehen womöglich Rosenhochstämme, vielleicht noch
mit Guirlanden verbunden. Eine derartige Anordnung
wirkt ungemein unruhig und verwirrend, ein klar und
einfach durchgeführtes Randmotiv würde eine ganz
andere, ruhige, vornehme Wirkung erzielt haben. Der-
artige Fehler sind bei den Durchschnittsanlagen die
Regel, nicht die Ausnahme und auch unsere Ausstel-
lung war nicht frei davon.

Sehr anzuerkennen ist, daß die gute Bepflanzung
der Staudenrabatten, auch die gute Anordnung dieser
Rabatten vor Mauern oder Hecken oder als Wege-
begleitung recht oft in guten Bildern gezeigt werden
konnte, insbesondere unterstützte die Farbenphoto-
graphie sehr die Beurteilung dieser Blumenanlagen. Die
Farbenphotographie war es auch, welche die Laienwelt
auf der Ausstellung besonders interessierte.

Es verlohnt vielleicht auch bei einem anderenThema,
welches ich schon streifte, einen Augenblick zu ver-
weilen, ich meine bei der Darstellungsmethode. Eine
gute, zweckentsprechende, klare und zugleich geschmack-
volle Darstellung sollte jeder Gartenarchitekt für seine
Arbeiten wählen. Ich will hierfür durchaus kein Schema
vorschreiben, aber ich möchte doch meinen, daß einige
Methoden den anderen überlegen sind. Zum Beispiel
die klare, scharfe Federzeichnung, für den Laien zum
besseren Verständnis etwas getönt, ist der noch viel-
fach üblichen grellbunten Planmalerei entschieden vor-
zuziehen. Alles Überflüssige und Unnötige sollte man
vermeiden und gerade beim Grundplan schlichte Ein-
fachheit obwalten lassen, etwa in ähnlicher Art wie
die Firma Ochs es bei ihren Arbeiten tut. Auch bei
den perspektivischen Darstellungen sollte man sich auf
skizzenhafte, flotte Darstellung beschränken, welche
die Raumgestaltung erkennen lassen, nicht aber mit
großen bunten, bildartigen Darstellungen kommen, die
meist einen sehr dilletantenhaften Eindruck machen.
Diese großen Aquarelle oder gar Ölbilder täuschen
zudem dem Auftraggeber etwas vor, was er nicht er-
hält und dann enttäuscht nachher die Wirklichkeit.
 
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