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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der "D. G. f. G." nach Frankreich, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0311

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304

DIE GARTENKUNST.

XIV, 20

Hainanlage am Restaurant- „Pre Catelan". Aufnahme von Gartendirektor Berthold,

Wiesbaden.

Restaurant Pre Catelan. Im großen Bois ist hier
um das Restaurant ein kleiner Parkteil abgetrennt und
anscheinend nur für das vornehme Pariser Publikum
reserviert. Der Charakter ist ganz derselbe wie der
in den übrigen Teilen des Wäldchens, nur ist alles
viel besser unterhalten und aufs sauberste gepflegt,
man hat sofort den Eindruck der Wohlhabenheit und
des Reichtums in diesem Parkteil, aber die Fehler
sind die gleichen, wie vorher geschildert. Man prüfe
daraufhin die beiden diesbezüglichen Bilder. Der Hain
ist recht gut herausgearbeitet, die hainartige Wirkung
der locker gestellten Baumgruppen auf sorgfältig ge-
pflegtem Rasengrund ist tadellos, aber diese vornehme
Hainwirkung wird stark beeinträchtigt durch das ganz
unmotiviert hingelegte Geraniumbeet, besonders wenn
man die Farbe hinzudenkt. Dem Haine vorgelagert
ist ein mehr parkartig behandelter Teil. Schöne Einzel-

pflanzen, schöne Gruppen, schöne
Blumenbeete, schöner Rasen, schöne
gutgepflegte Wege und zwischen
alledem schöne, gutgekleidete Men-
schen. Man sollte sagen, wenn man
all das Schöne zusammenzählt, so
hätte man als Schlußresultat ein
auserlesen schönes Ganzes und doch
ist das nicht der Fall. „Die Teile
hab ich wohl in der Hand, es fehlt
mir nur das geistige Band“, es fehlt
auch hier die ordnende Künstler-
hand, die all die Einheiten, den
schönen Baum, den schönen Strauch,
die schöne Blume, den schönen
Rasen für den schönen und schön-
heitsliebenden Menschen zu einem
einheitlichenOrganismus voll Rhyth-
mus und Harmonie zusammenfügt.
Wie man das macht, das zeigte
uns später an anderer Stelle der
Altmeister Lenotre. Doch davon später! Aber all
das, was ich nun rügte, hindert nicht, daß das Bois
de Boulogne ein kostbarer Schatz für Paris ist, ein
Schatz, dessen Wert um so mehr steigt, je größer
das umgebende Häusermeer ist und wird, zumal die
meisten der gerügten Fehler unschwer zu beseitigen sind.

Der folgende Tag wurde zum Teil dazu benutzt,
die Sehenswürdigkeit der schönen Hauptstadt Frank-
reichs in Augenschein zu nehmen. Hier ist nicht der
Raum die vielen herrlichen Bauwerke der prächtigen
Stadt zu beschreiben, ich wende mich daher wieder
den Gärten zu und zwar zunächst dem Luxembourg-
Garten.

Das Palais de Luxembourg mit dem zugehörigen
großen Garten entstand im Anfang des I7ten Jahr-
hunderts im Aufträge der Maria von Medici, der
Witwe Heinrichs IV. Schloß und Garten, welche der
Architekt Salomon Debrosse schuf,
zeigen deutlich den Einfluß der
italienischen Renaissance, wenn-
gleich trotzdem der französische
Charakter überall gewahrt ist. Der
Garten ist ein Meisterwerk seiner
Art, er wäre geradezu vollendet,
wenn nicht einige Teile durch Um-
änderungen in der Auffassung der
Landschaftsgärtner einer späteren
Epoche verunstaltet wären. Auf die
Gartenfront des schönen Schloß-
baues baut sich ein gut gegliederter,
von hohen Rasenböschungen um-
schlossener Blumengarten auf, des-
sen Mitte durch ein großes, acht-
eckiges Bassin geziert ist. Hier ist
das, was ich in den letztbeschrie-
benen Werken so sehr vermißt, hier
ist organischer Aufbau, hier ist

Hainanlage bei dem Restaurant „Pre Catelan“ (Gegenbeispiel) mit unrichtig vorge-
lagertem Blumenbeet. Aufnahme von Garteningenieur Bertram, Dresden.
 
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