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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der "D. G. f. G." nach Frankreich, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0371

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XIV, 23

DIE GARTENKUNST.

365

Puttengruppen aus Bronze an den großen Wasserbassins der obersten Schloßterrasse zu Versailles.

der Königin, die Bäder des Apollo und manch andere
kleine, reizvoll gestaltete und geschmückte Garten-
räume. Hierbei sehen wir auch, daß Lenötre durch-
aus Sinn und Verständnis für das malerisch Unregel-
mäßige hatte, wie dies vor allem im Bosquet des
Königs und bei den Bädern des Apollo zu beobachten
ist. Sehr liebt Lenötre die hohen, schönen Baum-
gänge, die er in mannigfaltigster Art braucht und ver-
wendet, bald eng, bald weit, bald als Zweizeiler, bald
als Vierzeiler gepflanzt, bald von hohen Hecken be-
gleitet, bald überhaupt zu hoher Baumwand zusammen-
geschnitten, unter Unterdrückung des Einzelbaumes.
Stets weiß er neue Wirkungen damit zu erzielen und
diese Wirkung genau für den Einzelfall abzustimmen.
Ganz besonders aber interessiert es uns, zu beobachten,
wie er sein Wegenetz, bald auseinander, bald wieder
zielbewußt zusammenführt und wie er gerade die
Kreuzungspunkte der Wege wiederum aufs ver-
schiedenartigste zu behandeln weiß. Diese Wegesterne,
die einmal auf einem großen, lichtdurchfluteten Platz
zusammenlaufen, ein andermal sich in einem kleinen,
rnnden, vier- oder vieleckigen Platz kreuzen, zeigen
stets einen passenden Schmuck, meist eine Fontaine

oder Brunnen, eine Statue oder ähnliches. Immer haben
diese straffen Baumgänge, Heckengänge, in Versailles
ein schönes Ziel, welches den Spaziergänger stets er-
neut weiter lockt und immer befriedigt.

Das einzige, was mich in Versailles störte, war
der Umstand, daß die Unterhaltung nicht ganz auf der
Höhe war, die man eigentlich fordern sollte bei einem
Kunstwerk von so hoher Bedeutung. Wenn man die
tadellose Unterhaltung des Parks von Vaux mit der von
Versailles verglich, dann bedauerte man, daß sich dieser
königliche Garten nicht in vollem königlichen Schmuck
auch in bezug auf Unterhaltung präsentierte.

Der Park war gut besucht, und das ist begreif-
lich, aber auch in'bezug auf den Besuch möchte man
inmitten solch königlicher Pracht wenigstens gut ge-
kleidete Menschen sehen, es entsteht sonst eine Disso-
nanz, die einen nicht ganz zum Vollgenuß der Schön-
heit kommen läßt, aber es ist unter den obwaltenden
Umständen wohl schwer möglich, dieser Forderung
gerecht zu werden.

Derjenige, welcher Versailles nur theoretisch nach
dem Plane studiert, kommt vielleicht zu dem Urteil,
daß der Park, wenn er auch große künstlerische Werte
 
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