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Gewerbeblatt
für den
Schwarzwald.

(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Bestellgebühr 36 Kreuzer für den Jahrgang; Spcditionsgebühr der Großh
Postanstalten 9 kr., Bestellgebühr 20 kr. jährlich. — Man abonnirt bei der Uhrenmacherschule in Fnrtwangen oder bei einer Post-
anstalt. Bestellungen werden noch fortwährend angenommen und die bereits erschienenen Blätter nachgeliefert.)

Furtwangen. Sonntag, den 29. Februar 1832.

Die äußere Ausstattung der Uhren.
(Fortsetzung.)
Der Schwarzwälder will nämlich Alles selber ma-
chen. Nichts ist ihm zu schwer, er wagt sich an
Alles. So kommt es denn auch, daß gewöhnlich der-
selbe Arbeiter, der dreht und feilt, Räder zahnt und Triebe
spindclt, auch alles übrige besorgt, was dazu gehört,
um die Uhr fix und fertig zum Aufhängen zu machen.
Das ist aber ein großer Fehler. Wo sich mehrere Per-
sonen mit dem nämlichen Gegenstand beschäftigen, wo
gar Viele in einem und demselben Geschäfte arbeiten,
da muß man nothwendig die Arbeit theilen, wenn
man gleichzeitig möglichst schon, gut und schnell ar-
beiten, also möglichst viel verdienen will.
Das Letzere will aber, denken wir, Jeder — es ist
jedenfalls nützlicher als die Ehre, daß Einer Alles sel-
ber gemacht hat — darum theile man die Arbeit. Wir
wollen ein anderes Mal wieder auf die große Wichtig-
keit der Arbeitsthcilung zurückkommen, denn darüber
müssen wir noch Vieles sagen, was uns bei dem jetzigen
Gegenstand zu weit führen würde, wir wollen hier nur
darauf aufmerksam machen, daß für eine schöne Aus-
stattung der Uhren Arbeiter nöthig sind, welche sich
mit sonst nichts als gerade nur mit den sichtbaren Thei-
sen beschäftigen.
Wenn wir vorhin gesagt haben, daß man im Acu-
ßcrcn der Uhr den Anforderungen der Zeit Rechnung
tragen müsse, so wollen wir damit durchaus nicht, daß
die Schwarzwäldernhr ihre Eigenthümlichkcit vcrläugnen,
daß sie sich nach einer fremden Mode richten soll, etwa
wie sich die Kleider stets nach der neuesten Pariser
Mode zustutzen müssen. Nein, wir wollen, daß der
Schwarzwald wie bisher seinen eigenen Weg gehe, wir
wollen eine Ehre darein setzen, wenn man von einer

schönen und guten Uhr draußen in der Welt gleich
weiß: Das ist eine Schwarzwäldernhr!
Schöne Formen zu erfinden, wo alle einzelnen
Theile wieder unter sich im Einklang stehen, das ist
aber nicht eines jeden Gewerbsmanns Sache, sondern
cs ist mehr Sache des eigentlichen Künstlers.
Der Gewerbsmann muß sagen: So ist es zweck-
mäßig, gut; der Künstler: So ist es schön. Kunst und
Gewerbe müssen darum Hand in Hand gehen. Sie sind ja
zu einander so sehr verwandt, daß man oft nicht streng
zwischen beiden unterscheiden kann; die Uhrenmachcrci
ist auch eine Kunst, wie die Malerei, die Bildhauerei
häufig ein Gewerbe ist. Wir müssen aber hier, so häu-
fig beides sich gerade im Schwarzwald in einer Person
vereinigen mag, unterscheiden zwischen der Kunst, der
erfindenden, bildenden und dem Gewerbe, dem schaffen-
den, darstellenden. Wir nennen deßhalb die Uhrenma-
chcrei ein Gewerbe und sagen, die Kunst müsse ihr bei-
stehen.
Es kann nicht geläugnet werden, daß schon seit ei-
ner langen Reihe von Jahre» in der naturgemäßen
Entwicklung der Schwarzwälder Uhrenmacherei eine
Stockung gekommen war; das Gewerbe blieb aus dem-
selben Standpunkte, während anderwärts Concurrentin-
nen anftraten, die rasch cmporstrebten; die Kunst war
dem Gewerbe entfremdet. Die nachthciligen Folgen die-
ses Verhältnisses mußten immer fühlbarer werden, man
mußte mehr und mehr einsehen, daß eine kräftige Ge-
genwirkung nothwendig sei, um dem Verfall des Ge-
werbes vorzubeugcn. In sich selbst fühlte sich das Ge-
werbe nicht stark genug, es war äußere Einwirkung
nothwendig, die Regierung mußte darum helfend ein-
greifen und sie errichtete deßhalb die Uhrenmacherschule.
Der Ubrenmacherschule ist somit unter Anderm auch
 
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