Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

Aus meinem Reisebericht von -er Londo-
ner Ausstellung.
(Fortsetzung.)
Es ist in der englischen Taschenuhrenmacherei weni-
ger die eigentliche Arbeit, als die rohe Anfertigung der
einzelnen Uhrentheile getrennt.
Für größere Uhren werden Gestelle und Räder ge-
gossen. Man hat seine Gießer wie bei uns. Dagegen
hat nicht jeder Arbeiter viel Geschirr, namentlich Ma-
schinen. Viele Familien kaufen die Bcstandthcile, lassen
anderswo die Räder zahnen, die Schnecken schneiden rc.
und machen dann erst die Uhren fertig.
Eine solche Arbeitötheilnng wäre für den Schwarz-
wald ebenfalls zweckmäßig. Viele Meister haben — einer
wie der andere — ganz die gleichartigen Maschinen,
welche überall nur von Zeit zu Zeit benutzt werden, in
ihren Werkstätten stehen. Es entstünde nun ein Gewinn
für Alle, wenn die Einrichtung so getroffen würde, daß
so viel möglich jede Maschine fortwährend im Gang
wäre. Dieß erfordert aber, daß die Anzahl der Maschi-
nen verringert wird, daß also einzelne Arbeiter ganz
auf deren Gebrauch verzichten, wahrend andere aus-
schließlich darauf arbeiten. Die letztem bekommen dann
große Uebung, werden also viel gut und wohlfeil pro-
duciren; die erstem aber erreichen ebenfalls einen Vor-
thcil, indem sie Einrichtungen sparen, ihr Geschäft ver-
einfachen und zudem noch das Material billiger als frü-
her beziehen.
Das englische Geschirr für Uhrenmacherei ist im All-
gemeinen weniger vollkommen als man erwarten dürfte,
indem die feineren Werkzeuge aus der französischen Schweiz
bezogen werden. Nur die größeren Maschinen, das grobe
Geschirr, sind besonders gut und dieß namentlich wegen
des vorzüglichen Stahls.
Englische Federn und Spiralen stehen in ausgezeich-
netem Rufe; die sorgfältigste Behandlung bei der Be-
arbeitung in Verbindung mit dem vorzüglichsten Mate-
rial ist die Ursache davon.
In der Uhrcnkastenmachcrei ist die eingelegte Arbeit
getrennt von der andern; namentlich gibt eS wenige Ar-
beiter, welche die Perlmuttereinlagen gut machen. Das
Verfahren, welches ich dabei anwendcn sah, war müh-
sames Ausfeilen der Perlmutterstückchen mit einer halb-
runden Feile.
Ich unterlasse hier, die Namen von englischen Aus-
stellern und Fabrikanten anznfügcn und gehe nun über zu

3. französische Uhrenindustrie,
a. Franche Comto-Uhren.
Der Sitz dieser Uhrcnmachcrei ist bekanntlich Morez
(Dcp. du DoubS). Sie ist eine ganz besonders gefähr-
liche Concurrcntin für den Schwarzwald, indem diese
eisernen Uhren sehr solid, gut und verhältnismäßig wohl-
feil sind. Die Vereinigung jener Eigenschaften ist mög-
lich geworden durch die Anwendung von Wasserkraft zur
Anfertigung der Uhrentheile rind durch ausgedehnte Ar-
bcitstheilnng. In Frankreich haben diese Uhren dem Ab-
satz unseres Schwarzwälder Fabrikats, dem der Eingang
durch einen hohen Zoll erschwert ist, schon sehr gescha-
det. Mancher Schwarzwälder Uhrenhgndler verkauft dort
mehr von jenen Uhren als von denen seiner Hcimath.
Da aber die Schwarzwälder einen großen Thcil des
Uhrenhandelö in den Händen haben, so kommen jährlich
Fabrikanten von Morez ans den Schwarzwald, um ihre
Geschäfte mit den aus Frankreich auf einige Zeit nach
Hause gekommenen Uhrcnhändlern zu machen.
Die Fabrikate von Morez und Umgegend sind große
Achttaguhrcn (mit Gewichten oder Zugfedern), Regula-
toren, Reiscnhrcn, Thurmnhren. (Dazu kommen noch
die von starken Federn getriebenen Bratenwender.) Von
großer Wichtigkeit ist die Fabrikation emaillirter Gegen-
stände; die schönen Emailzifferblätter sind bei uns Wohl
bekannt.
Der Schwarzwald muß große Fortschritte in seiner
Uhrcnmachcrei machen, um jeuc französsische Industrie
einzuholen; er kann freilich nicht genau denselben Bo-
den betreten, sondern muß sich seiner Natur gemäß ent-
wickeln, aber immerhin kann er jetzt schon Vieles dar-
aus lernen. Sehr löblich ist es, daß einige Schwarz-
wälder Meister bereits auch eiserne Uhren machen, daß
sie dieselben aber neben vielen anderen Sorten von Uh-
ren fertigen, halten wir nicht für zweckmäßig. Ein größt-
möglicher Nutzeffekt kann ans diese Weise nicht erreicht
werden, die Kräfte zersplittern sich. —
Zn der Ausstellung waren folgende Häuser von
Morez vertreten:«
I.60N Llement UourZeois durch gewöhnliche große
Achttaguhrcn in den bekannten hohen Kästen und mit
Bronzeschildcn, sodann solche nut Rostpendeln, weißla-
ckirten Schilden in Schwarzwäldcrform oder rundem
emaiüirtcm Blatt in 1 Zoll breitem gepreßtem Mes-
singreif. Rciscuhrcn.
Lonllo xero et lils uine: Thurmnhren hori-
 
Annotationen