Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

DOI Artikel:
Holter, Kurt: Die frühmamlukische Miniaturenmalerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0007

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KURT HOLTER / DIE FRÜHMAMLUKISCHE MINIATURENMALEREI

uie mamlukische Kunst nimmt eine nicht unwichtige Stelle in der Gesamtentwicklung der
islamischen Kunst ein. In verschiedener Beziehung kann sie als das Rückzugsgebiet der
„abbasidischen" Kunst gelten, die mit der mongolischen Eroberung der vorderasiatischen
Welt - - Bagdad, ihr Mittelpunkt, fiel 1258 — ihr Ende fand, und an deren Stelle eine ganz
neue Entwicklung trat, die man im allgemeinen als eine persische bezeichnet, da sie auf per-
sischem Boden vor sich ging, auf dem Boden des alten und des neuen Iran. Freilich wäre es
ungerecht, wollte man das Wesen der mamlukischen Kunst nur darin sehen. Sie hat mehrfach
ihre Würdigung gefunden, wir nennen nur Stanley Lane-Poole, The Art of the Saracens in
Egypt, oder den Abschnitt in Ernst Kühneis Kunst des Islam, in Springers Handbuch der Kunst-
geschichte.1 In einem jüngst erschienenen Buche, W. Niemeyer, Ägypten zur Zeit der Mam-
luken,2 ist sie allerdings nicht sehr gut weggekommen, eine Beurteilung, der wir nur die aus
orientalischen Quellen geschöpften Angaben des Buches von L. Hautecoeur und G. Wiet,
Les mosquees du Caire, Paris 1932, S. 44—62, 75 ff., 87 ff., entgegenstellen wollen. Ein Zweig
der mamlukischen Kunst aber ist bis heute nicht anerkannt worden, die mamlukische Mi-
niaturenmalerei, ein Begriff, den sicherzustellen die folgenden Zeilen dienen sollen.

Mamlukische Buchkunst hat man immer schon gewürdigt, doch beschränkte sich das auf
die Kunst des Bucheinbandes und der Buchausstattung. Letztere freilich hat man nur als
eine Sonderentwicklung im rein Ornamentalen gesehen, wie denn die Abbildungen sehr häufig
Prunkexemplaren des Korans entnommen sind,3 in denen von Miniaturen natürlich nicht
die Rede sein kann.

Die islamische Miniaturenmalerei scheint von zweien ihrer Hauptwurzeln die eine in der
Illustration wissenschaftlicher Handschriften und die andere im Vorhandensein des Türken-
tums gehabt zu haben, welch letzteres als staatenbildender Faktor eine wesentliche kulturelle
Rolle gespielt hat. Schon aus diesem zweiten Grunde scheint es, theoretisch, wahrscheinlich,
daß die Mamluken, die trotz einzelner gegenteiliger Behauptungen vorwiegend als Angehörige
türkischer Völkerschaften anzusehen sind, ursprünglich der Bilderkunst nicht abgeneigt
waren, wenn diese Neigung auch in späterer Zeit dem religiösen Verbot der strengen Richtung
des sunnitischen Islam in einem ziemlich hohen Maße nachgeben mußte. Wir können diese
Entwicklung im Kunstgewerbe sehr deutlich verfolgen, ob wir nun die Glasmalerei oder die
tauschierten Bronzen als Beispiele heranziehen. Ein drittes Beispiel liefert die Miniaturen-
malerei, die auch entwicklungsgeschichtlich zu diesen beiden als Schwesterkunst zu stellen ist.

Die mamlukische Miniaturenmalerei läßt sich in zwei Hauptgruppen gliedern, in Illustra-
tionen zu wissenschaftlichen Abhandlungen und solche zu literarischen Werken. Die erste
ist zahlenmäßig nicht gering,4 hat aber keinen übermäßigen künstlerischen und entwicklungs-

1 Die mamlukische Kunst, 6. Bd., S. 457—472.

* Berlin 1936. Das Buch scheint ohne Kenntnis der Orientalistik geschrieben zu sein. Der einzige Kunstzweig,
der noch gewürdigt wird, ist die Baukunst (vgl. S. 118), die aber auch nur flüchtig gestreift wird. Von Interesse
sind die Ausführungen über die Mamluken, S. 112 ff., wenn auch manches, z. B. die Erörterung ihrer Abstammung,
S. 44 f., dringend einer Vertiefung bedürfte.

■■ F. R. Martin, The Miniature Painting and Painters, Taf. 237; B. Moritz, Arabic Palaeography, Taf. 50
bis 83; Ahmed Mousa, Zur Geschichte der islamischen Buchmalerei in Ägypten, Abb. 35-68.

* Istanbul, T. K. S. 3469, mit Abbildungen von Belagerungsmaschinen, 2. Hälfte des XIV. Jahrhunderts.
Istanbul Es'ad Ef kh. 1884, dat. 1389, mit 14 Abbildungen von Wasserrädern u. ä. Istanbul, Aya Sofya 3187,
dat 1395, mit Zeichnungen. Istanbul, Besir Aga kh. 441, dat. 1466, mit Abbildungen von Hebegeräten u. ä.
Istanbul, Univ.-Bibl., Yildiz ar. 17, hippologischer Traktat. Berlin, Ahlwardt Nr. 5552, 5553, mit Figuren, vor
1489. Vgl. H. Ritter, La Parure des Cavaliers und die arabische Literatur. Islam 18, S. 116 ff.

1

1
 
Annotationen