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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

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Goering, Max: Unbekannte Piazzetta-Illustrationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0064

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MAX GOERING / UNBEKANNTE PIAZ ZETTA-ILLUSTRATION EN

Giovanni Battista Piazzetta hat neben seiner Tätigkeit als Maler und als Zeichner von
Studienköpfen auch viele Vorzeichnungen für den Kupferstich geschaffen. Die meisten Werke
mit Illustrationen nach seinen Entwürfen sind der Wissenschaft bekannt.1 Die hauptsäch-
lichsten sind „Beatae Mariae Virginis Officium" von 1740, die „Oeuvres de Bossuet" von
1736—1757 und Tassos „Gerusalemme Liberata" von 1743. Außerdem finden sich in ver-
schiedenen Werken Einzelblätter.

Die Vorzeichnungen Piazzettas zu diesen Illustrationsstichen haben sich zum größten Teil
erhalten. Sie sind in drei Klebebänden des 18. Jahrhunderts vom Verleger Giovanni Battista
Albrizzi, dem Freund des Malers, zusammengestellt. Zwei davon bewahrt die Biblioteca
Reale in Turin, der dritte befindet sich in der Sammlung H. Kress, New-York. Die Turiner
Bände tragen die Inventarnummern 204 und 205. 2 Nr. 204 enthält mit Titelblatt 90 Zeich-
nungen, die letzten Seiten sind leer. Nr. 205 enthält 131 Zeichnungen. Den New-Yorker Band
habe ich bisher nicht durcharbeiten können. Die Turiner Sammlung besteht zum größten
Teil aus Vorzeichnungen für die Illustrationen der „Oeuvres de Bossuet" und der Tasso-
Ausgabe von 1743. Einige Blätter kommen doppelt vor, mehrere kehren in dem New-Yorker
Band wieder. Außerdem erwähnt Rava 29 Vorzeichnungen für die Tasso-Ausgabe im Be-
sitz der Petersburger Eremitage.3 Bei den Doubletten handelt es sich oft um Lichtpausen,
die Piazzettas Entwurf zur Bequemlichkeit für den Stecher in den Gegensinn (Seitenvertausch)
umsetzen. Diese Feststellung ergab sich beim genauen Studium von Zeichnungen, die innerhalb
der Turiner Bände doppelt vorkommen. Die bisher ungeklärte Frage nach der Herkunft der
Doubletten findet damit eine einfache Erklärung. Die Turiner Bände enthalten außerdem
zusammen etwa 40 Zeichnungen, deren Verwendung als Illustration noch nicht festgestellt
ist. Ähnliche Blätter finden sich auch vereinzelt in verschiedenen Sammlungen.

Unter den Zeichnungsbeständen der RR. Gallerie dell'Accademia in Venedig wird eine Stich-
vorzeichnung von Piazzetta bewahrt, darstellend eine Hirtenszene, die offenbar nicht als
Buchillustration, sondern nur als dekoratives Einzelblatt beabsichtigt war (Abb. I).4 Eine
Teilkopie danach dient als Titelblatt des Turiner Klebebandes Nr. 205. Dort ist links ein
Streifen am Bildrand weggelassen. Damit ist der im Wasser stehende kleine Junge und der
Rundturm darüber weggefallen. Der Säulenstumpf in der rechten unteren Bildecke, der mit
seiner Schwere zu dem Knaben links das Gleichgewicht zu halten hat, ist durch eine breite
Blattpflanze ersetzt. Die Hauptgruppe und ihre landschaftliche Folie sind genau wiederholt.
Nur der alte Hirt, der hinter der Kuh steht, ist weggelassen. Für die Komposition hatte diese
Gestalt die Aufgabe, den Abstand vom Rücken des Tieres zu der ferneren Baumgruppe augen-
fällig zu machen. Auf dem Turiner Titelblatt ist diese Funktion einem großen Steinsockel
zugefallen, der an der Stelle der Figur errichtet ist. Er trägt die Inschrift: Disegni / Del Celebre

1 Vgl. darüber Aldo Ravä, G. B. Piazzetta. Firenze 1921. - - Derselbe, Marco Pitteri, Incisore Veneziano.
Firenze o. J. — G. Fiocco, sub voce in Thieme-Becker, Allgem. Künstler-Lexikon. — Rodolfo Pallucchini, L'Arte
di G. B. Piazzetta. Bologna 1934.

2 Für hilfsbereite Unterstützung beim Studium der Turiner Bande sage ich dem Direktor der Biblioteca Reale.
Herrn General D. Cordero Lanza dei Marchesi di Montezemolo, und dem Bibliothekar, Herrn Professor Zucchi,
auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank. Die Herausgabe eines genauen Kataloges der Turiner Piazzetta-
Zeichnungen bereite ich vor. Die hier angegebenen Nummern der einzelnen Blätter sind bandweise unter Einbezug
des Titelblattes von Nr. 1 an gezählt.

3 Vgl. Ravä, Piazzetta, op. cit., p. 73.

4 Das Blatt ist veröffentlicht von Pallucchini, op. cit., p. 62; Fig. 110.

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