Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

DOI Artikel:
Kurth, Betty: Zwei unbekannte Fragmente des Michelfeldter Bildteppichs
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0033

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^26).DasßIai
,daS Ge^lde4

maIe Format^
usa^engezoget
; «dt nicht „,4,

3 lem ab« gehe:
: der Ersehe^.
!S tiefer befindet.
Bildes befindlich,
ht nur den Krn,
rschoben,
sucht. Mit
mit gerin
ertvoll, da sie 4
3ie beiden Parise:
rten bildmäßigei
20-1530 datiert,
ich nicht für ein,
ilder des gleiche:
die bunte Farben-
5 als auch die k-
Versuchungen cV
fungen nicht mu
chner Fragment
des Hieronymii'
die Isolierung dei

ndischen Malert:
tt in Berlin,3 k
b erzeugung nact
t näher faßbarer
)riginalzeichnuM
ute, Bauern oder
der gleiche, m
Künstler ist >
der Heilung
das Bild mit*'
offenbar von d«
t Es sind re^

, die sich
'ahrhunderts>(

Leutlich abhe^

Abb-;8- rPhot..

terdam 1936,^
Museum z°
(Schluß f°l

BETTY KURTH / ZWEI UNBEKANNTE FRAGMENTE
DES MICHELFELDTER BILDTEPPICHS

Satirische Darstellungen, die in allegorischem Gewand die Zeitzustände geißeln, erscheinen
im ikonographischen Programm der mittelalterlichen deutschen Teppichkunst sehr selten.
Wohl gibt es kleine satirische Bilder auf Kissenblättern, die, wie der Fuchs, der den Gänsen
predigt,1 oder die fahrenden Frauen mit ihrem Hausrat,2 eine allegorische Spottendenz tragen.
Aber größere Behänge solcher Art sind bisher nicht bekannt geworden.

Dagegen ist die Degradierung der Kunst zum Sprachorgan politischer Kritik, wie sie in
der Literatur häufig zu finden ist, die Domäne des Einblattholzschnitts, der in Form des
Flugblattes verbreitet und von Hand zu Hand gereicht wurde. Besonders im XVI. Jahr-
hundert waren diese gedruckten Schaufenster der Zeitsatire beliebt.

Ein berühmtes Beispiel ist der von namhaften Forschern Albrecht Dürer zugeschriebene,
aus drei Stöcken bestehende satirische Holzschnitt (Abb. 1—3), der in letzter Zeit mehrfach
Spielball gelehrter Polemik war. Seine Darstellungen, lose im Gedankennetz verknüpft,
gliedern sich in mehrere Teile:

Vorerst erscheint das Glücksrad, gedreht von der in einer Frau personifizierten ,,Zeit"
und von einem „Fuchs", dessen symbolische Gestalt als Listigkeit oder Ungerechtigkeit3
zu deuten ist (Abb. 1). Allegorische Vögel sind die Träger der Schicksale. Die Elster („Ager-
laster") sitzt als König an oberster Stelle. Neben ihr Fasan („Fashun") und Häher („Heher").
Die edleren Tiere, Adler („Adler"), Pfau („Pfab") und Falke („Falck") kommen unters Rad.4
Die folgenden Darstellungen bilden den umfangreichen Hauptteil der als fortlaufend zu den-
kenden Gesamtkomposition. In der Mitte thront, einen Stab in der Rechten, als falscher
Richter oder Herrscher der Betrug („ich bin die betrugnus") (Abb. 2). Ihm zu Füßen schläft
in einer Wiege ein Wickelkind, die Frömmigkeit („Ich bin die Frukait"). Links neben dem
Thron sitzen, im „Block" oder „Stock" gefesselt, drei allegorische Frauengestalten, durch
Schriftbänder gekennzeichnet: „Gerechtigkait", „Warhait" und „Vernufft".5 Die beiden aus-

1 Betty Kurth, Die Deutschen Bildteppiche des Mittelalters, Wien 1926, Bd. II, Taf. 69a; Bd. I, S. 99, 221.

2 Ibidem. Bd. II, Taf. 67, Bd. I, S. 99, 221, und Bd. II, Taf. 68, Bd. I, S. 99, 221.

3 Der Fuchs wurde als Verkörperung der Ungerechtigkeit manchmal unter den Füßen der „Justitia" dar-
gestellt. Vgl. Wilhelm Molsdorf, Christliche Symbolik und mittelalterliche Kunst, Leipzig 1926, 1064.

1 Die Darstellung ist eine seltene Abwandlung des Glücksradmotivs. Wohl kommen Tiere als Verkörperung
der Schicksale öfter in satirischer Bedeutung vor. So findet sich in den Zeichnungen des „Renart le nouvel" aus
dem Ende des XIII. Jahrhunderts der Fuchs zu oberst auf dem Glücksrad zwischen den Gestalten des Hochmuts
und des Truges, während in dem Narrenschiff Sebastian Brants (1498) die oberste Stelle ein Esel innehat. Vgl.
Wilhelm Molsdorf, a. a. O. S. 250 ff. — A. Dören, Fortuna im Mittelalter und in der Renaissance. Vorträge
Bibliothek Warburg 1922/23. I. Teil, S. 102.

Der Fuchs mit der Papstkrone erscheint auch an oberster Stelle eines Glücksrads auf dem weiter unten
S. 8, Anm. 2, erwähnten, um 1480 entstandenen Spottbild auf die Geistlichkeit. (Abb. bei Eugen Diederichs,
Deutsches Leben der Vergangenheit in Bildern. Bd. I [Jena 1908], S. 36, Abb. 102.)

Für die Darstellung der Vögel vermag ich kein Analogon nachzuweisen. Nur auf einem Leonhard Beck zu-
geschriebenen Einblattholzschnitt „Mönch und Esel" von 1523 dreht ein Esel die einem Glücksrad ähnliche Spindel,
auf der zu oberst eine Eule sitzt. Vgl. Max Geisberg, Der deutsche Einblattholzschnitt, München s. a., Nr. 133.

5 Solche im „Stock" gefesselte allegorische Gestalten erscheinen auch auf anderen satirischen Holzschnitten
des XVI. Jahrhunderts. So z. B. die „Gerechtigkeit" auf der früher Dürer, jetzt Dürers Doppelgänger P. Vischer
zugeschriebenen „Allegorie gegen den Wucher" nach einem Gedicht von Hans Sachs. Hier sind auch zwei andere
allegorische Frauen als „Vernunft" und „Wort Gottes" bezeichnet. (Abb. Eugen Diederichs, a. a. O. Bd. I.
S. 199, Abb. 675; Max Geisberg, a. a. O. Nr. 784.) Die schlafende „Wahrheit" und die „Vernunft" als Wiegen-
kind finden sich auch auf einem niederländischen Holzschnitt des XVI. Jahrhunderts, der von Cornelisz
Anthonisz gen. Tennissen signiert ist.

a * 27
 
Annotationen