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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

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Gelder, Jan G. van: Domenico Fettis Vision des hl. Petrus
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https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0097

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J. G. VAN GELDER / DOMENICO FETTIS VISION DES HL. PETRUS

Die Entführung der Gemälde aus dem Palazzo Ducale der Gonzaga im Anfang des Jahres 1628
hat nicht unbemerkt stattgefunden: „In the first place", schreibt Daniel Nijs, der Agent König
Jakobs L, dem Kammerherrn Endymion Porter, „the City of Mantua and then all the Princes
of Christendom both great and small were Struck with astonishment that we could induce the
Duke Vincenzo to dispose of them (d. i. the pictures). The people of Mantua made so much noise
about it, that if Duke Vincenzo could have had them back again, he would readily have paid
double and his people would have been Willing to supply the money."1 Bei diesen ersten über
Venedig nach England geschickten Gemälden waren nicht nur die Imperatoren von Tizian, die
Bilder Correggios, sondern auch mehrere von Fetti, die als zeitgenössische Kunstwerke wohl
gewiß sofort vieles Verständnis gefunden haben müssen.2 Die schönen Mantegna-Kartons sind
z. B. erst drei Jahre später abgesandt worden. Bei diesen Gemälden Fettis war auch, wie der
Wiener Katalog von 1928 richtig vermerkt, die Vision des hl. Petrus, die Johannes Wilde,
nachdem eine glückliche Restauration die alten Ubermalungen in der Luft entfernt hatte, im
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien nochmals eingehend besprochen hat.3
Leider war, wie dann deutlich wurde, das Gemälde rundherum beschnitten, „ob auch links
(oben) eine Engelsgestalt anzunehmen ist, bleibt fraglich", schrieb Wilde. Wir wissen jetzt, es
hat links zwei Engel gegeben, und der Vandale der sie abgeschnitten hat, eroberte, wohl nicht
ohne Absicht, für sich oder jemand anderen die drei anmutigen Engelköpfe. Es gibt nämlich
einen Stich nach dieser Darstellung (Abb. 2), der mir ganz zufällig mit seinem Gegenstück unter
die Augen kam, kurz nach der Lektüre von Wildes Sonderdruck aus dem Jahrbuche. Wie will-
kommen diese Ergänzung auch war, ganz zu lösen waren die Probleme der Herkunft und der
ursprünglichen Fassung doch nicht. Was ist der Fall? Die beiden als Gegenstücke gedachten
Stiche (Abb. 1 u. 2) gehören zu der von Gerard Reynst geplanten Ausgabe seiner Gemälde-
galerie, ähnlich entworfen und in denselben Jahren entstanden wie Teniers „Schilder-Thooneel".
Die Stiche sind nach der Unterschrift des II. Zustands gestochen nach Gemälden von Johannes
Liss.4 Das erste Blatt mit den Worten: „Petrus in mentis — Actorum 11, 5—6"; das zweite mit
den Worten: „Paulus raptus — 2 Corint. 12—2". Das Gemälde mit der Verzückung des hl. Paulus
ist in diesem Jahrhundert wieder aufgetaucht und 1919 vom Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin
erworben worden (Abb. 3). Die Literatur ist bei Bode (Berliner Museum, 1919/20,1) und bei Olden-
bourg (Jb. d. pr. Kslgn. 1914, 161) zu finden, auch wurde, wie der Katalog von 1931 (Nr. 1858)
erwähnt, die Identifizierung mit dem Stiche richtig festgestellt. Obgleich kleine Abweichungen
zwischen Gemälde und Stich zu finden sind, ist die Übereinstimmung doch so groß und evident,
daß es gar keine Frage ist, daß das Gemälde auch wirklich aus der Sammlung Reynst stammt.
Auch die Benennung Johannes Liss erweckt keinen Zweifel. Es stimmt einfach vollkommen
mit unserer heutigen Ansicht. Schon J. C. Block erwähnt als Stecher Jer. Falck (Bl. 26,29), und
auch das stimmt viel besser als die ältere Zuschreibung von Wessely in Naumanns Archiv
(XI, S. 184), der die Blätter mit den Visionen des hl. Petrus und Paulus aus dem Oeuvre von

1 Brief aus Venedig vom 27. April 1628, übersetzt aus dem Italienischen, bei W. Noel Sainsbury, Original
unpublished papers ill. the Life of Sir P. P. Rubens, with an Appendix . . . London, 1859, S. 325.

2 Die meisten jetzt noch in Hampton Court, vgl. Katalog 1929, S. 48—50, und die Anmerkung bei Nr. 506
(Inv. 759).

3 Jb. d. kh. Sign. N. F. X (1936), S. 218 (Abb. 186); den früheren Zustand siehe Jb. d. kh. Sign. N. F. I (1926),
Abb. 185.

4 Variarum imaginum a celeberrimis artificibus pictarum caelaturae, elegantissimis tabulis representatae. Ipsae
picturae partim extant apud viduam Gerardi Reynst . . . Amstelodami, Nr. 17 und 18.

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