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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

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Benesch, Otto: Zu van Regteren-Altenas de Gheyn-Monographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0150

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doch symptomatisch, daß es
den großen Zeichner nicht mehr
nach der antikischen Welt
van Manders und Goltzius' zog,
sondern nach der Heimat des
-wahlverwandten größten Dich-
ters von Spuk- und Hexen-
szenen, denen de Gheyn so bild-
dramatisch Ausdruck zu verlei-
hen wußte. De Gheyns Cäsar-
bild ist Shakespearische, nicht
klassizistische Antike. Ergrei-
fend sind de Gheyns Totenbild-
nisse, von starkem persönlichen
Ausdruck erfüllt, noch über die
allgemeine Zeithaltung hinaus,
deren pessimistischer Grund-
bestimmung diese Bildgattung
besonders entspricht.

In Anhängen wird außer ur-
kundlichem Material noch man-
che wertvolle Teildiskussion ge-
bracht, so die der Fenster in
der Oude Kerk zu Amsterdam,
auf die ich hier näher eingehen
möchte. Ich freue mich beson-
ders der endgültigen Meisterfest-
stellung bei dem bislang Aertsen
zugeschriebenen Marientod, da
v. R.-A. und ich unabhängig
auf dem gleichen Wege zum

gleichen Ergebnis gekommen sind. Die im Rijksprentenkabinet liegende Vorzeichnung
(298 X 231 mm)1 wird durch die Risse der Albertina unzweifelhaft als Werk des Dirck Crabeth
erwiesen. Die Rekonstruktion des zeichnerischen Werkes der bedeutenden Glasmalerfamilie
ist eine der dringendsten Aufgaben der holländischen Kunstforschung. Im Museum Teyler
liegt als Jan Swart ein prachtvoller Scheibenriß der „Anbetung der Könige". Das Blatt steht
Scorel so nahe, daß ich einst seine Hand darin vermutete. Legt man es neben den Amsterdamer
Marientod, so ist die gleiche Hand in der drahtig röhrenartigen Faltenzeichnung, in den pa-
thetisch geflammten Augenhöhlen unverkennbar. Das Blatt des Museum Teyler muß vor dem
Amsterdamer liegen. Eine spätere, reichlich trockenere Stufe verkörpert die große Kreuzigung
der Albertina (Kat. 107). Auf einen der beiden Crabeth — vielleicht eher Wouter I als Dirck —
geht auch eine Serie etwas oberflächlicher Bibelhistorien im „Rijksprentenkabinet" zurück
(Kassette III als „Marten de Vos").

Wieso entstand die Legende, daß Aertsen der Schöpfer des Marientodfensters sei? Als Ent-
wurffür das Fenster gilt weiter ein großer, heute noch in der Sakristei der Oude Kerk bewahrter
Karton. Er ist stilistisch völlig anders als das Blatt Dirck Crabeths, zeigt eher eine gewisse

1 Kass. II „Heemskerck".

1. Dirck Crabeth, Vorzeichnung zum Fenster mit dem Marientod
in der Alten Kirche zu Amsterdam. Amsterdam, Rijksprentenkabinet

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