Basel
1. Berbelin Langenstein, die bei Margareta Brand, der Witwe des Peter Geißler, genannt
LostorfF, arbeitet,
2. die Heidnischwirkerin Elsa in der Weissengasse,
3. ihre Berufsgenossin Margreth in der Spiegelgasse29).
Hiermit sind die Namen, die mit Sicherheit feststehen, erschöpft. Gewisse Rückschlüsse
ermöglichen, allerdings unter Vorbehalt, die Nachlaßverzeichnisse der Berufsarten, — in
erster Linie der Schneider —, die erfahrungsgemäß mit der Bildwirkerei in Verbindung zu
bringen sind, denen zugleich die Hinterfütterung und Aufmontierung der fertigen Arbeiten
— Behänge, Kissenblätter — oblag. Weiterhin dürften in diesem Sinne die Notizen zu ver-
werten sein, die von Heidnischwerkrahmen mit darauf befindlicher Arbeit berichten. 1414
hinterläßt Peter Widersbach eine „lade mit heidnischwerk spindien (die Haute-lisse-Flie-
ten) und drei heidnischwerkrahmen mit ein wenig werk"30). Ein ähnlicher Vermerk aus
dem gleichen Jahre — „ein rahmen mit ein wenig heidenschwerk" — findet sich im Nachlaß
des Burkart Münch, verheiratet mit Agnes Truchsessin von Waldburg; die Dame arbeitete
entweder liebhaberhaft selbst, oder sie hielt eine Heidnischwirkerin vorübergehend in ihrem
Dienste. Die soziale Stellung der Thine Störchin, deren Erben 1414 „einen heidnischwerk
rahmen" in Anspruch nehmen31), ist mir nicht bekannt, ähnlich liegt es bei Wernlin Bader
(1430), in dessen Nachlaß sich sowohl Wollenmaterial als auch ein Gezeug mit halbfertiger
Arbeit finden32). Panthaleon Steiger, ein Schneider, der seinen Erben 1519 „viel heidnisch-
werk Spinnlein"33) hinterläßt, ist — vielmehr seine Frau — mit starker Wahrscheinlich-
keit mit der berufsmäßigen Wirkerei in Verbindung zu bringen. In dem Erbe des Basler
Goldschmieds Balthasar Angebrot (gest. 5. Dezember 1544) finden sich außer zahlreichen
Heidnischwerktüchern auch „allerlei färben wullin garnn", „spinlen (Spindeln)" und
„bildnner" (Kartons)34). Die Nachlaßverfügungen, die Wirkgezeuge und Material aus bür-
gerlichem und Patriziatbesitz erwähnen, die R. F. Burckhardt mit äußerster Gewissenhaf-
tigkeit bringt, zählen nach Dutzenden. Rückschlüsse von Bedeutung lassen sie nur insofern
zu, als die mehrfach erwähnten „bildner", d. h. die für die Wirkereien bestimmten Kartons
im Besitze der auftraggebenden Familien verbleiben, also nicht, wie in der Regel in den
Niederlanden, den zünftigen Wirkern überlassen werden.
Die Arbeit ging demzufolge in Basel dergestalt vor sich, daß der Auftraggeber die Patro-
nen auf eigene Kosten im naturgroßen Maßstabe fertigen ließ, Wolle und Kettgarn kaufte
und eine Heidnischwirkerin ins Haus nahm, sofern die Ehefrau oder die Töchter nicht
selbst die Wirkerei zur Durchführung brachten. Die Tatsache bedingt, daß das gewünschte
Motiv nur als Einzelstück oder allerhöchstem in zwei oder drei Wiederholungen zur Wie-
dergabe gelangte. Mehrfache Kopien ausgesprochen figürlicher Art, wie z. B. religiöse Sze-
nen, dürften hiernach stets rein gewerblichen Werkstätten, die eigene Kartons besaßen, ihre
Entstehung verdanken. Daß Musterbücher für die einfachen und gängigen Arbeiten, ähnlich
den Skizzenbüchern der Maler, vorhanden waren, beweist ein Nachlaßvermerk der Gertrud
Brand, der Frau des Gavin von Beaufort. genannt von Roll, im Rollerhof (1577): „neun ge-
molt Heidnischwerkerinnen-Musterbücher"35). Die Feststellung ist um so bemerkenswerter,
als die stilistische Eigenart der Basler Bildwirkereien, wie wir später sehen werden, ihre
eigenen Wege ging und mit der zeitgenössischen Tafelmalerei nur bedingt in Verbindung zu
bringen ist. Im übrigen handelt es sich bei dem Wirkereimaterial, das in den Erbverfügun-
gen erscheint, durchgängig um Hautelissegerät.
Der Heidnischwerkrahmen ist ein hochlitziges Gezeug in der einfachsten Form, dem in
der Regel eine kompliziertere mechanische Vorrichtung zur Teilung des Kettfaches — durch
Einziehung der Litzenschlingen — fehlt, das augenscheinlich lediglieh mit der Kreuzrute
arbeitete36). Die Wolle wurde in Strängen — wohl gleich eingefärbt — gekauft und nach
Bedarf auf die Spindeln, die den Hautelisseflieten entsprechen, aufgebracht. Zum Verdich-
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1. Berbelin Langenstein, die bei Margareta Brand, der Witwe des Peter Geißler, genannt
LostorfF, arbeitet,
2. die Heidnischwirkerin Elsa in der Weissengasse,
3. ihre Berufsgenossin Margreth in der Spiegelgasse29).
Hiermit sind die Namen, die mit Sicherheit feststehen, erschöpft. Gewisse Rückschlüsse
ermöglichen, allerdings unter Vorbehalt, die Nachlaßverzeichnisse der Berufsarten, — in
erster Linie der Schneider —, die erfahrungsgemäß mit der Bildwirkerei in Verbindung zu
bringen sind, denen zugleich die Hinterfütterung und Aufmontierung der fertigen Arbeiten
— Behänge, Kissenblätter — oblag. Weiterhin dürften in diesem Sinne die Notizen zu ver-
werten sein, die von Heidnischwerkrahmen mit darauf befindlicher Arbeit berichten. 1414
hinterläßt Peter Widersbach eine „lade mit heidnischwerk spindien (die Haute-lisse-Flie-
ten) und drei heidnischwerkrahmen mit ein wenig werk"30). Ein ähnlicher Vermerk aus
dem gleichen Jahre — „ein rahmen mit ein wenig heidenschwerk" — findet sich im Nachlaß
des Burkart Münch, verheiratet mit Agnes Truchsessin von Waldburg; die Dame arbeitete
entweder liebhaberhaft selbst, oder sie hielt eine Heidnischwirkerin vorübergehend in ihrem
Dienste. Die soziale Stellung der Thine Störchin, deren Erben 1414 „einen heidnischwerk
rahmen" in Anspruch nehmen31), ist mir nicht bekannt, ähnlich liegt es bei Wernlin Bader
(1430), in dessen Nachlaß sich sowohl Wollenmaterial als auch ein Gezeug mit halbfertiger
Arbeit finden32). Panthaleon Steiger, ein Schneider, der seinen Erben 1519 „viel heidnisch-
werk Spinnlein"33) hinterläßt, ist — vielmehr seine Frau — mit starker Wahrscheinlich-
keit mit der berufsmäßigen Wirkerei in Verbindung zu bringen. In dem Erbe des Basler
Goldschmieds Balthasar Angebrot (gest. 5. Dezember 1544) finden sich außer zahlreichen
Heidnischwerktüchern auch „allerlei färben wullin garnn", „spinlen (Spindeln)" und
„bildnner" (Kartons)34). Die Nachlaßverfügungen, die Wirkgezeuge und Material aus bür-
gerlichem und Patriziatbesitz erwähnen, die R. F. Burckhardt mit äußerster Gewissenhaf-
tigkeit bringt, zählen nach Dutzenden. Rückschlüsse von Bedeutung lassen sie nur insofern
zu, als die mehrfach erwähnten „bildner", d. h. die für die Wirkereien bestimmten Kartons
im Besitze der auftraggebenden Familien verbleiben, also nicht, wie in der Regel in den
Niederlanden, den zünftigen Wirkern überlassen werden.
Die Arbeit ging demzufolge in Basel dergestalt vor sich, daß der Auftraggeber die Patro-
nen auf eigene Kosten im naturgroßen Maßstabe fertigen ließ, Wolle und Kettgarn kaufte
und eine Heidnischwirkerin ins Haus nahm, sofern die Ehefrau oder die Töchter nicht
selbst die Wirkerei zur Durchführung brachten. Die Tatsache bedingt, daß das gewünschte
Motiv nur als Einzelstück oder allerhöchstem in zwei oder drei Wiederholungen zur Wie-
dergabe gelangte. Mehrfache Kopien ausgesprochen figürlicher Art, wie z. B. religiöse Sze-
nen, dürften hiernach stets rein gewerblichen Werkstätten, die eigene Kartons besaßen, ihre
Entstehung verdanken. Daß Musterbücher für die einfachen und gängigen Arbeiten, ähnlich
den Skizzenbüchern der Maler, vorhanden waren, beweist ein Nachlaßvermerk der Gertrud
Brand, der Frau des Gavin von Beaufort. genannt von Roll, im Rollerhof (1577): „neun ge-
molt Heidnischwerkerinnen-Musterbücher"35). Die Feststellung ist um so bemerkenswerter,
als die stilistische Eigenart der Basler Bildwirkereien, wie wir später sehen werden, ihre
eigenen Wege ging und mit der zeitgenössischen Tafelmalerei nur bedingt in Verbindung zu
bringen ist. Im übrigen handelt es sich bei dem Wirkereimaterial, das in den Erbverfügun-
gen erscheint, durchgängig um Hautelissegerät.
Der Heidnischwerkrahmen ist ein hochlitziges Gezeug in der einfachsten Form, dem in
der Regel eine kompliziertere mechanische Vorrichtung zur Teilung des Kettfaches — durch
Einziehung der Litzenschlingen — fehlt, das augenscheinlich lediglieh mit der Kreuzrute
arbeitete36). Die Wolle wurde in Strängen — wohl gleich eingefärbt — gekauft und nach
Bedarf auf die Spindeln, die den Hautelisseflieten entsprechen, aufgebracht. Zum Verdich-
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