München (1 6.—1 8. Jahrhundert)
spricht dem einen der zu bleichen Probestücke). Der Pfalzgraf beugt als Unterhändler
seines kaiserlichen Herrn das Knie vor Papst Hadrian IV., das Kardinalskollegium wohnt
der feierlichen Handlung bei (6. Behang). Zu den schönsten Stücken der Folge zählt die
Vermählung Ottos mit Agnes von Wasserburg, die Durchbildung der Gewänder ist von
seltenem Reiz (7. Teppich). Kaiser Barbarossa belehnt am 16. September 1180 Otto von
Wittelsbach mit dem Herzogtum Bayern (8. Behang); mit Waffengewalt erkämpft der Fürst
den Besitz seines Lehens (als Vertreibung Heinrichs des Löwen bezeichnet, 9. Teppich);
Herzog Otto nimmt die Huldigungen der geistlichen und weltlichen Würdenträger seines
Reiches entgegen (10. Behang. Abb. 201). In lebhaften Bildern rollt sich die Erbauung der
Stadt Landshut vor den Augen des Beschauers ab (11. Teppich). Otto, hoch zu Roß, weist
erläuternd auf den Plan, den der neben ihm stehende Baumeister in Händen hält; links
sind Tagelöhner mit Ausschachtungsarbeiten beschäftigt; im Fond ragt die Burg Trausnitz;
bemerkenswert ist die Figur des Hofzwerges im Vordergrunde rechts. Weitere Episoden
gelangten nicht zur Wiedergabe, wenngleich die Folge nicht sämtliche Candid'sche Ent-
wurfskizzen erschöpft. Dr. Mayer62) irrt, wenn er glaubt, daß noch ein weiteres, verloren
gegangenes Stück „die Geschichte vom Kayser" in der van der Biest'schen Manufaktur ent-
standen sei. Der in dem Bericht vom 27. Februar 160963) erwähnte Teppich deckt sich mit
der Belehnung Ottos von Wittelsbach.
Eine klare Zuteilung der einzelnen Behänge der Folge an die verschiedenen Wirker ist
naturgemäß nicht möglich, da in den Jahren der reinen Monatsentlöhnung der Gesellen
Einzelabrechnungen nach Stück und Ellenmaß überflüssig waren. Aus den Belegen ist
lediglich zu ersehen, daß im April 1605 Joseph von der Altenkirchen, Hans van der Bosch,
Jacob deVisch undPasquier de Neckher an der Serie arbeiteten64), daß am 27. Februar 1609
vier Behänge der „Bayrischen geschieht, welche in Zehen stuckh aussgethailt, ganz fertig
waren, . . . Mantoa — gemeint ist Ferrara —, Milano, den Griechen, vnd der Frtl. Dchl.
Vermählung", daß sich auf den Gezeugen fünf Teppiche befanden: „ain schlacht" (Ver-
treibung Heinrichs des Löwen), „die historj vom Cardinal" (die Audienz beim Papst), „die
historj von der Clausen" (Erstürmung der Veroneser Klause) und „die geschieht vom Kay-
ser" (Belehnung Ottos mit dem Herzogtum Bayern). Oktober 160965) ist in Arbeit am
1. Gezeug die „Veroneser Klause" in Gold (wird in 6 Monaten fertig), es folgen „Landshut"
in Gold (Vollendung in 27 Monaten) und „Mailand" in Wolle und Seide (Herstellungszeit
10 Monate); am 2. Stuhl, „Vermählung" (Wolle und Seide, 7 Monate Frist), sodann „Vero-
neser Klause" (Wolle und Seide, 16 Monate), „wie der Khayser dem Herzog in Bayrn das
Schwerdt gibt" (Wolle und Seide, 17 Monate); auf dem 3. Gezeug befindet sich „Huldigung"
(Gold, 2 Jahre), nach Fertigstellung wird der Stuhl frei für „Huldigung" in Wolle und
Seide (14 Monate). „Am vierten Studel hat man vnnderhannden; stuckh von Goldt wie der
Khaiser dem Herzoge in Bayern das Schwerdt gibt" (20 Monate) — die schwierigste Arbeit,
die Durchführung der Gesichter hat Lucas von Neuenhofen übernommen —; anschließend
ist die päpstliche Audienz („Babst vnnd Cardinal", Wolle und Seide) mit 20 Monaten vor-
gesehen. Auf dem 5. Gezeug spannt sich die „Patalia" in Gold (Schlacht, 16 Monate), um
dann der „Schlacht" in Wolle und Seide Platz zu machen (22 Monate). Auf dem sechsten
und letzten Gezeug liegt die „Audienz" in Gold (18 Monate), ihr folgen „Landshut" in Wolle
und Seide (16 Monate) und „Ferrara" (Wolle und Seide, 7 Monate). „Vnndt pleibt dannach
noch ain Stuckh vber, als die Griechen . . .". Insgesamt handelt es sich um 2 Serien von
je 10 Teppichen, eine mit Gold und Silber, die zweite ohne Metallfäden. Von den beiden
golddurchwirkten Probestücken der „Griechen" und „Otto von Wittelsbach vor Ferrara"
ist nicht weiter die Rede. Der erste Stuhl bleibt demnach noch 3 Jahre 7 Monate, der zweite
3 Jahre 6 Monate, der dritte 3 Jahre 4 Monate, der vierte 3 Jahre 4 Monate, der fünfte
3 Jahre 2 Monate und der sechste 3 Jahre 5 Monate belegt; mit der endgültigen Fertig-
210
spricht dem einen der zu bleichen Probestücke). Der Pfalzgraf beugt als Unterhändler
seines kaiserlichen Herrn das Knie vor Papst Hadrian IV., das Kardinalskollegium wohnt
der feierlichen Handlung bei (6. Behang). Zu den schönsten Stücken der Folge zählt die
Vermählung Ottos mit Agnes von Wasserburg, die Durchbildung der Gewänder ist von
seltenem Reiz (7. Teppich). Kaiser Barbarossa belehnt am 16. September 1180 Otto von
Wittelsbach mit dem Herzogtum Bayern (8. Behang); mit Waffengewalt erkämpft der Fürst
den Besitz seines Lehens (als Vertreibung Heinrichs des Löwen bezeichnet, 9. Teppich);
Herzog Otto nimmt die Huldigungen der geistlichen und weltlichen Würdenträger seines
Reiches entgegen (10. Behang. Abb. 201). In lebhaften Bildern rollt sich die Erbauung der
Stadt Landshut vor den Augen des Beschauers ab (11. Teppich). Otto, hoch zu Roß, weist
erläuternd auf den Plan, den der neben ihm stehende Baumeister in Händen hält; links
sind Tagelöhner mit Ausschachtungsarbeiten beschäftigt; im Fond ragt die Burg Trausnitz;
bemerkenswert ist die Figur des Hofzwerges im Vordergrunde rechts. Weitere Episoden
gelangten nicht zur Wiedergabe, wenngleich die Folge nicht sämtliche Candid'sche Ent-
wurfskizzen erschöpft. Dr. Mayer62) irrt, wenn er glaubt, daß noch ein weiteres, verloren
gegangenes Stück „die Geschichte vom Kayser" in der van der Biest'schen Manufaktur ent-
standen sei. Der in dem Bericht vom 27. Februar 160963) erwähnte Teppich deckt sich mit
der Belehnung Ottos von Wittelsbach.
Eine klare Zuteilung der einzelnen Behänge der Folge an die verschiedenen Wirker ist
naturgemäß nicht möglich, da in den Jahren der reinen Monatsentlöhnung der Gesellen
Einzelabrechnungen nach Stück und Ellenmaß überflüssig waren. Aus den Belegen ist
lediglich zu ersehen, daß im April 1605 Joseph von der Altenkirchen, Hans van der Bosch,
Jacob deVisch undPasquier de Neckher an der Serie arbeiteten64), daß am 27. Februar 1609
vier Behänge der „Bayrischen geschieht, welche in Zehen stuckh aussgethailt, ganz fertig
waren, . . . Mantoa — gemeint ist Ferrara —, Milano, den Griechen, vnd der Frtl. Dchl.
Vermählung", daß sich auf den Gezeugen fünf Teppiche befanden: „ain schlacht" (Ver-
treibung Heinrichs des Löwen), „die historj vom Cardinal" (die Audienz beim Papst), „die
historj von der Clausen" (Erstürmung der Veroneser Klause) und „die geschieht vom Kay-
ser" (Belehnung Ottos mit dem Herzogtum Bayern). Oktober 160965) ist in Arbeit am
1. Gezeug die „Veroneser Klause" in Gold (wird in 6 Monaten fertig), es folgen „Landshut"
in Gold (Vollendung in 27 Monaten) und „Mailand" in Wolle und Seide (Herstellungszeit
10 Monate); am 2. Stuhl, „Vermählung" (Wolle und Seide, 7 Monate Frist), sodann „Vero-
neser Klause" (Wolle und Seide, 16 Monate), „wie der Khayser dem Herzog in Bayrn das
Schwerdt gibt" (Wolle und Seide, 17 Monate); auf dem 3. Gezeug befindet sich „Huldigung"
(Gold, 2 Jahre), nach Fertigstellung wird der Stuhl frei für „Huldigung" in Wolle und
Seide (14 Monate). „Am vierten Studel hat man vnnderhannden; stuckh von Goldt wie der
Khaiser dem Herzoge in Bayern das Schwerdt gibt" (20 Monate) — die schwierigste Arbeit,
die Durchführung der Gesichter hat Lucas von Neuenhofen übernommen —; anschließend
ist die päpstliche Audienz („Babst vnnd Cardinal", Wolle und Seide) mit 20 Monaten vor-
gesehen. Auf dem 5. Gezeug spannt sich die „Patalia" in Gold (Schlacht, 16 Monate), um
dann der „Schlacht" in Wolle und Seide Platz zu machen (22 Monate). Auf dem sechsten
und letzten Gezeug liegt die „Audienz" in Gold (18 Monate), ihr folgen „Landshut" in Wolle
und Seide (16 Monate) und „Ferrara" (Wolle und Seide, 7 Monate). „Vnndt pleibt dannach
noch ain Stuckh vber, als die Griechen . . .". Insgesamt handelt es sich um 2 Serien von
je 10 Teppichen, eine mit Gold und Silber, die zweite ohne Metallfäden. Von den beiden
golddurchwirkten Probestücken der „Griechen" und „Otto von Wittelsbach vor Ferrara"
ist nicht weiter die Rede. Der erste Stuhl bleibt demnach noch 3 Jahre 7 Monate, der zweite
3 Jahre 6 Monate, der dritte 3 Jahre 4 Monate, der vierte 3 Jahre 4 Monate, der fünfte
3 Jahre 2 Monate und der sechste 3 Jahre 5 Monate belegt; mit der endgültigen Fertig-
210