Literatur
„mich • dunckt • du ■ kumst ■ vn ■ land • vit ■
dien • mir ■ zü 1 der 1 hochziit • "
Der falsche Geiger antwortet ablehnend:
„ich • hab • vor • eim ■ ior • geriht '
einer ■ tuben ■ und ■ mich ■ yr • werpfliht • "
Das merkwürdige Gelöbnis des Geigers wird nicht weiter erörtert. In der nun anschließenden sehr ähn-
lichen Episode, empfängt das Königspaar von Frankreich den einreitenden Herrn von Marokko, der
sich als Kavalier nach seiner Braut erkundigt:
„umb • semlich • ich ■ nun ■ kune ■ bin ■
wo • ist • die ■ junge ■ kunigin 1 "
Der König:
„bis • wilku • lieb ■ dochte • man ■
wie . . . e (,) ■ wir ■ dz ■ brulofft ■ an ■ "
In dem Lärm des festlichen Empfanges ist die Prinzessin in den Garten geeilt; das Paar hat sich ge-
funden, der Königssohn hebt die Geliebte aufs Roß; die Flucht beginnt:
„de ■ brutiome ■ dut • we ■ uver ■ scheide ■
aber • ich ■ bin ■ sin ■ in ■ grosse 1 freiden ■ "
(A. F. Kendrick: Victoria and Albert Museum, Catalogue of Tapestries, London 1914.)
52) B.Kurth, a.a.O. T. 142b.
55) Das Paar hat einen Wald erreicht; die ermüdete Königstochter ist im Schöße des Prinzen entschlummert;
der Knecht eilt nach dem nächsten Ort, um ein geeignetes Obdach zu suchen. In verliebter Laune zieht
der Prinz zwei Ringe vom Finger. Ein Busant stößt plötzlich herab und raubt den einen der Ringe.
Zornig verfolgt der Jüngling den Raubvogel mit Stock und Steinwurf; er verirrt sich in dem dichten
Gestrüpp und findet nicht mehr zur Geliebten zurück:
„Ach • got • du ■ mir ■ diner • helffe ■ schin •
dz • mir • wider ■ werd 1 dz ■ flnerlin • "
54) Der Schmerz um die verlorene Geliebte raubt dem Prinzen das Licht des Verstandes, er wird zum wilden
Mann, kriecht auf allen Vieren und ernährt sich von den Früchten des Waldes. Die Darstellung ist
drastisch. Oben auf dem Baume sitzt der tückische Busant, den Ring im Schnabel; ein Einhorn fegt
durchs Gebüsch; der arme Prinz — ein gezottelter Waldmensch, die Krone auf dem Haupte — kriecht
über blumenbestandenen Boden. Inzwischen hat die Prinzessin vergebens des Geliebten geharrt, sie
reitet aus dem Wald — das ledige Pferd des Verlorengegangenen trabt neben ihr — und trifft einen
Müller, den sie um Herberge anspricht:
„ich . . . ete (?) ■ frouge ' ich ■ biten ■ dich ■
dz • du • durch ■ got ■ beherbergestz ■ mich • "
„gern ... als (?) • armer ' man 1
kein ■ er • ich ■ uch • erbieten ■ kan ■ "
lautet die freundliche Zusicherung.
56) Die Prinzessin findet bei dem Müller freundliche, wenn auch ärmliche Aufnahme. Sie sucht ihr Los
zu verbessern, für den Verkauf der beiden Pferde handelt der Müller Gold und Seide ein; die Königs-
tochter wirkt kunstvolle Borten und Meßgewänder, die gutzahlende Abnehmer finden. Ein Jahr ist in-
zwischen ins Land gegangen. Da kommt der Ohm des Prinzen mit seiner Gemahlin rastsuchend an einen
Brunnen in der Nähe der Mühle. Die Herzogin erkennt an dem edlen Betragen der jungen Prinzessin
ihre hohe Geburt und nimmt sie mit auf ihre Burg Engelstein. Wieder verrinnt ein langes Jahr. Jäger
melden auf der Burg eine seltsame Mär, sie haben einen wilden Mann gefangen, der auf allen Vieren
kriecht. Der Bruder des Königs von England sieht sofort, daß es sich unmöglich um einen Wald-
menschen üblicher Art — im Märchen — handeln kann. Er läßt den Unglücklichen baden, salben und
pflegen, bis sein Menschtum wieder erwacht. Der Herzog findet Freude an dem anstelligen jungen
Mann und erlaubt ihm, hie und da auf die Jagd zu reiten. Er läßt eines Tages den Falken steigen, der
einen Busant greift und würgt; wütend packt der Prinz den Unglücksvogel und beißt ihm in wildem
Zorn den Kopf ab. Von der seltsamen Tat eigenartig berührt, fragt der Herzog den jungen Menschen
nach dem Grund seines unnatürlichen Tuns, der ihm aufrichtig erzählt, wie er durch einen Busant
die Geliebte, die Königstochter von Frankreich und damit all sein Glück verloren habe. Die Prinzessin
hört die Mär, erkennt ihren Ritter und sinkt ihm voll Freuden in die Arme. Die schwer Geprüften
sind im Glücke vereinigt.
5B) B. Kurth, a. a. O. T. 149.
57) Sofort sendet der Herzog Boten aus, um den Eltern des Paares von der Wiederauffindung der schmerz-
lich Vermißten Bericht zu erstatten. Zwei Burschen wandern mit den Briefen, die ihnen der Herzog —
neben ihm steht der Prinz — an der Schwelle des Hauses übergibt, den schmalen Weg, der nach einer
großen Stadt führt, die sich im Hintergrunde türmt:
„sage ■ hin ■ in ■ alle ■ lant ■
den ■ king • und • die • kungin ■ vir ■ vider ■ funde ■ hant ■ "
Der Segen der Kirche eint die Liebenden, ein Bischof vollzieht, in Gegenwart des Herzogpaares, die
Vermählung:
„got • vel • glick • un ■ ere • gebn ■
un • noch ■ ugerm • tode ■ dz ■ ewege ■ leben ■ "
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„mich • dunckt • du ■ kumst ■ vn ■ land • vit ■
dien • mir ■ zü 1 der 1 hochziit • "
Der falsche Geiger antwortet ablehnend:
„ich • hab • vor • eim ■ ior • geriht '
einer ■ tuben ■ und ■ mich ■ yr • werpfliht • "
Das merkwürdige Gelöbnis des Geigers wird nicht weiter erörtert. In der nun anschließenden sehr ähn-
lichen Episode, empfängt das Königspaar von Frankreich den einreitenden Herrn von Marokko, der
sich als Kavalier nach seiner Braut erkundigt:
„umb • semlich • ich ■ nun ■ kune ■ bin ■
wo • ist • die ■ junge ■ kunigin 1 "
Der König:
„bis • wilku • lieb ■ dochte • man ■
wie . . . e (,) ■ wir ■ dz ■ brulofft ■ an ■ "
In dem Lärm des festlichen Empfanges ist die Prinzessin in den Garten geeilt; das Paar hat sich ge-
funden, der Königssohn hebt die Geliebte aufs Roß; die Flucht beginnt:
„de ■ brutiome ■ dut • we ■ uver ■ scheide ■
aber • ich ■ bin ■ sin ■ in ■ grosse 1 freiden ■ "
(A. F. Kendrick: Victoria and Albert Museum, Catalogue of Tapestries, London 1914.)
52) B.Kurth, a.a.O. T. 142b.
55) Das Paar hat einen Wald erreicht; die ermüdete Königstochter ist im Schöße des Prinzen entschlummert;
der Knecht eilt nach dem nächsten Ort, um ein geeignetes Obdach zu suchen. In verliebter Laune zieht
der Prinz zwei Ringe vom Finger. Ein Busant stößt plötzlich herab und raubt den einen der Ringe.
Zornig verfolgt der Jüngling den Raubvogel mit Stock und Steinwurf; er verirrt sich in dem dichten
Gestrüpp und findet nicht mehr zur Geliebten zurück:
„Ach • got • du ■ mir ■ diner • helffe ■ schin •
dz • mir • wider ■ werd 1 dz ■ flnerlin • "
54) Der Schmerz um die verlorene Geliebte raubt dem Prinzen das Licht des Verstandes, er wird zum wilden
Mann, kriecht auf allen Vieren und ernährt sich von den Früchten des Waldes. Die Darstellung ist
drastisch. Oben auf dem Baume sitzt der tückische Busant, den Ring im Schnabel; ein Einhorn fegt
durchs Gebüsch; der arme Prinz — ein gezottelter Waldmensch, die Krone auf dem Haupte — kriecht
über blumenbestandenen Boden. Inzwischen hat die Prinzessin vergebens des Geliebten geharrt, sie
reitet aus dem Wald — das ledige Pferd des Verlorengegangenen trabt neben ihr — und trifft einen
Müller, den sie um Herberge anspricht:
„ich . . . ete (?) ■ frouge ' ich ■ biten ■ dich ■
dz • du • durch ■ got ■ beherbergestz ■ mich • "
„gern ... als (?) • armer ' man 1
kein ■ er • ich ■ uch • erbieten ■ kan ■ "
lautet die freundliche Zusicherung.
56) Die Prinzessin findet bei dem Müller freundliche, wenn auch ärmliche Aufnahme. Sie sucht ihr Los
zu verbessern, für den Verkauf der beiden Pferde handelt der Müller Gold und Seide ein; die Königs-
tochter wirkt kunstvolle Borten und Meßgewänder, die gutzahlende Abnehmer finden. Ein Jahr ist in-
zwischen ins Land gegangen. Da kommt der Ohm des Prinzen mit seiner Gemahlin rastsuchend an einen
Brunnen in der Nähe der Mühle. Die Herzogin erkennt an dem edlen Betragen der jungen Prinzessin
ihre hohe Geburt und nimmt sie mit auf ihre Burg Engelstein. Wieder verrinnt ein langes Jahr. Jäger
melden auf der Burg eine seltsame Mär, sie haben einen wilden Mann gefangen, der auf allen Vieren
kriecht. Der Bruder des Königs von England sieht sofort, daß es sich unmöglich um einen Wald-
menschen üblicher Art — im Märchen — handeln kann. Er läßt den Unglücklichen baden, salben und
pflegen, bis sein Menschtum wieder erwacht. Der Herzog findet Freude an dem anstelligen jungen
Mann und erlaubt ihm, hie und da auf die Jagd zu reiten. Er läßt eines Tages den Falken steigen, der
einen Busant greift und würgt; wütend packt der Prinz den Unglücksvogel und beißt ihm in wildem
Zorn den Kopf ab. Von der seltsamen Tat eigenartig berührt, fragt der Herzog den jungen Menschen
nach dem Grund seines unnatürlichen Tuns, der ihm aufrichtig erzählt, wie er durch einen Busant
die Geliebte, die Königstochter von Frankreich und damit all sein Glück verloren habe. Die Prinzessin
hört die Mär, erkennt ihren Ritter und sinkt ihm voll Freuden in die Arme. Die schwer Geprüften
sind im Glücke vereinigt.
5B) B. Kurth, a. a. O. T. 149.
57) Sofort sendet der Herzog Boten aus, um den Eltern des Paares von der Wiederauffindung der schmerz-
lich Vermißten Bericht zu erstatten. Zwei Burschen wandern mit den Briefen, die ihnen der Herzog —
neben ihm steht der Prinz — an der Schwelle des Hauses übergibt, den schmalen Weg, der nach einer
großen Stadt führt, die sich im Hintergrunde türmt:
„sage ■ hin ■ in ■ alle ■ lant ■
den ■ king • und • die • kungin ■ vir ■ vider ■ funde ■ hant ■ "
Der Segen der Kirche eint die Liebenden, ein Bischof vollzieht, in Gegenwart des Herzogpaares, die
Vermählung:
„got • vel • glick • un ■ ere • gebn ■
un • noch ■ ugerm • tode ■ dz ■ ewege ■ leben ■ "
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