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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0309
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*") B. Kurth, a. a. O. T. 268—271.

") Die beiden ersten Szenen, die Bekehrung der Kaiserin und des Porphyrius — ,,hi bekert ■ si • di • kei-
seri • und ■ porfirio" — und die Vorführung der Heiligen vor Maxentius — „hi ■ wart 1 si ■ für ■ den ■
keiser : gefurt" — stehen ohne den trennenden Pfeiler allzu unvermittelt nebeneinander, das Haus am
Gefängnisturm ist glatt durchgeschnitten. Die Bekehrung der Kaiserin ist identisch mit der Darbringung
der Weihegeschenke (2. Bild des ersten Fragments in St. Sebald); das Verhör vor Maxentius ist, unter
Fortlassung verschiedener Personen, dem gleichen voraufbesprochenen Motiv entlehnt. Ähnliche Ab-
hängigkeiten lassen sich in den anschließenden Bildern in einer Reihe von Fällen feststellen. Das Rad-
wunder vollzieht sich — „hi • pet • sant ■ katterina • da ■ zu ■ prache ■ die 1 reder ■ hie ■ wart ■ di. .",
die Komposition weicht wesentlich von der gleichen Szene in dem Märtyrerinnenteppich im Kölner
Kunstgewerbemuseum ab —, die bekehrte Kaiserin Faustina wird gegeißelt (Kopie der Geißelung Ka-
tharinas) und enthauptet — „hie ■ enthaubt ■ man ■ di • keiseri" —; der getreue Porphyrius legt, mit
Hilfe von zwei Dienern, seine tote Herrin in einen Sarkophag, der auf freiem Felde steht — „hie • be-
grebt • si 1 porphirius" —, die Bäume im Hintergrunde zeigen den gleichen Typ wie ein Vierteljahrhun-
dert zuvor —; Maxentius läßt Porphyrius und seine Ritter (angeblich 200) enthaupten — „darum • tot ■
mä • in ■ mit ■ seinen • cc ■ ritte?" —; der Kaiser verurteilt Katharina zum Tode durchs Schwert —
„hie • verurteilt 1 mä • sant • katterina ■ zu ■ dem ■ tod" —; dem langen Schriftband zuliebe ist wieder
die Burg angefügt, die Szene wird diesmal durch einen von Hunden gehetzten Hirsch erweitert. In Wie-
derholung der Enthauptung der Kaiserin erfolgt, unter Hinzufügung einer Gruppe von Männern, die Hin-
richtung der Heiligen „hie wart ■ sant ■ katterina enthaubt".

45) Die Architektur des Sarkophags findet sich in sehr ähnlicher Form (der schmale Rundstab unter der
Platte fehlt im Teppich) bei einem rückseitigen Flügel des Imhof'schen Altars (Christus als Schmerzens-
mann, Nürnberg, Germ. Museum): Carl Gebhardt, Die Anfänge der Tafelmalerei in Nürnberg, Straßburg
1908, Tafel III.

") B. Kurth, a.a.O. S. 178.

47) J. Hartmann, Die Lorenzkirche zu Nürnberg, Nürnberg 1904, S. 30.

Vgl. einen fränkischen Holzschnitt (um 1460), St. Barbara und St. Katharina, in der Bibliothek zu
Bamberg.

Maximilian Pfeiffer, Einzel-Formschnitte des 15. Jahrh. in der Kgl. Bibliothek Bamberg, Straßburg,
Heitz, 1909, Nr. 21.

Vgl. ferner das Nürnberger Schrotblatt, „Hl. Barbara", um 1470, in der Staatsbibliothek zu München.
Georg Leidinger. Die Einzel-Metallschnitte (Schrotblätter) des 15. Jahrh. in der Kgl. Hof- und Staats-
bibliothek München, Straßburg, Heitz, 1908, Nr. 28.

48) Ulrich Schmid, Das ehemalige Kloster Maihingen und die Fürstl. Öttingen-Wallersteinschen Sammlun-
gen: Baverland 1902.

49) H. Schmitz, a. a. O. S. 116.

50) Gottlieb Volckamer (gest. 1475) heiratete 1451 Margarete Schürstab, die 1496 im Katharinenkloster
verstarb.

51) B.Kurth, a.a.O. Tafel 278.

52j Die merkwürdig gebogenen Finger der erhobenen Hand — überhaupt die ganze Haltung — finden sich
in noch drastischerer Form wieder in einem Einblatt-Holzschnitt der Wiener Hofbibliothek (F. M
Haberditzl, a. a. O. Bd. 1, Nr. 28, Tafel VIII), um 1450 entstanden, den Schreiber (22 • 265 : 282) als
Ulmer Arbeit bezeichnet und mit dem Meister des Herzinger Altars in stilistische Beziehung bringt.

5a) Die Josephslegende hält sich eng an den biblischen Text, sie wird eröffnet durch Josephs Traum: „hie ■
träumt • iosep" Nach mittelalterlichem Brauch liegt der Jüngling mit unbekleidetem Oberkörper im
Bett, das kostbarer Brokat deckt; der Pflanzenwuchs umspinnt die Bettlade an allen Seiten. Unmittelbar
anschließend sitzt Joseph mit Eltern und Brüdern am Tisch — bemerkenswert sind die typisch frän-
kischen Trinkgefäße — und erzählt sein Traumgesicht: „hie ■ sagt ■ iosep • seim ■ vater 1 unt ■ prudern ■
sein • treum". Die dritte Episode zeigt auf bergigem Gelände weidende Schafe. Die auf der Höhe wach-
senden Bäume mit den herzförmigen Blättern halten sich, im Gegensatz zu den fortgeschritteneren
Blütenbüscheln, noch an das Schema der zwanziger Jahre. Joseph, in reichem damastartigem Gewand,
wendet sich fragend an einen Diener, der ihm den Weg zu den Brüdern weist: „hie ■ weist ■ ein "
man • in • zu • sein • prudern". Die Neidischen umringen den unvorsichtigen Joseph, ziehen ihm sein
Prachtgewand aus, um ihn in den Brunnen zu werfen: „hi ■ zuge ■ si ■ iosep ■ sein ■ rok ■ ab ■ und 1
würfen ■ iosep 1 in ■ zistern". Im fünften Bilde schaut der Kopf des Jünglings halb aus der Zisterne;
einer seiner Brüder faßt ihn an der Hand, um ihn aus dem engen Gefängnis zu befreien: „hie ■ zugen 1
sein • prüder ■ iosep ■ ais ■ der ■ zistern". In der sechsten Szene vollzieht sich der schmähliche Handel.
Joseph, nur mit einem Hemde bekleidet, wird als Sklave verschachert; einer der Kaufleute trägt ein
reiches Brokatkleid; Handlungsdiener hocken auf unmöglichen Kamelen, die mißbildeten Pferden
gleichen.

64) Carl Gebhardt, a. a. O. Tafel II.
") B. Kurth, a. a. O. S. 179.

;,c) Das Motiv ist oft im Holzschnitt des 15. Jahrhunderts behandelt worden. Siehe z.B. bei F. M. Haberditzl,

a.a.O. (Einblattdrucke der Wiener Hofbibliothek), Bd. 1, Nr. 91.
B7) Alfred M. Frankfurter, Fifteenth Century Franconian Tapestries: International Studio, 1928, May, S. 287 f.
ss) Walter Fries, a. a. O.

Biedermann, Geschlechtsregister des hochadeligen Patriziates zu Nürnberg, 1748.

59) E. Abraham, a. a. O. S. 122.

60) Luitpold, Herzog in Bayern, a. a. O. S. 64.

61) A. J. J. Delen, a.a.O. Bd. I, PI. VII.
e2) B. Kurth, a. a. O. T. 287.

83) Das alte Buch und seine Ausstattung vom XV. bis zum XIX. Jahrhundert. Verlag Gerlach und Wiedling,

Leipzig, Tafel 40, Holzschnitt 3.
") B. Kurth, a. a. O. T. 288.

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