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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0264
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Erlangen (1 7.—1 8. Jahrhundert)

allen bürgerlichen Oneribus vor ihn und drey biß vier seiner verheyratheten Gesellen" auf
die Dauer von 10 Jahren. Das Gesuch wird unter dem 17. September 1732 genehmigt, die
Verlängerung erfolgt am 21. Dezember 1742. Beim dritten Male (1752) entstehen Schwierig-
keiten. Es geht augenscheinlich Herrn Dechazaux zu gut, seine ehrsamen Mitbürger ver-
merken es recht übel, daß die Überschüsse der Manufaktur es dem Meister ermöglichen,
den väterlichen Besitz durch Erwerb des Mercierschen Anwesens abzurunden. Die Hoch-
fürstliche Amtshauptmannschaft ersucht Bürgermeister und Rat um ihre Ansicht; das Gut-
achten vom 25. Mai 1752 äußert sich ausführlich über den Dechazauxschen Betrieb: „Aller-
massen Supplicant dergleichen Befreyung 1) allschon von ao 1729 bis hierher genossen,
und jezo neuerlich erst 2) das Mercierische Hauß, welches, Ausweiß des Lager-Buches,
Anno 1721 erst erbauet und von des Supplicanten Hauß, so Anno 1704 erbauet worden,
allezeit separirt gewesen, käuflich an sich gebracht, folglich, wenn auch 3) seine durchgän-
gige Befreyung von allem gemeinen Mitleiden in die Ewigkeit hinaus erstrecket werden
wolle, 4) nichts, als ein allgemeines bürgerliches gravamen nach sich ziehen würde, weilen
doch 5) die gut und treuwilligen bürgerlichen contribuenten die Last der allgemeinen Mit-
leidenschaften alleine übertragen — und solcher gestalten singuli cives cum singulis ver-
kürzet — oder wohl gar verdorben werden müßten. Wobey 6) nicht vorbey zu lassen, dass
Supplicant Dechazaux in besonders guten Umständen sich befinde, und, indeme er 7) von
Serenißimo, oder doch überhaupt in hiesiger Handels-Stadt, seine gute Nahrung finde, doch
billig seye, dass Supplicant auch mit der gemeinen Bürgerschaft, die ein würkliches Ge-
werb treibe, hebe und lege. Die a Serenißimis regnantibus dem Supplicanten mildest ver-
liehene Begnadigungen, wären, dem diesseitigen geringen Ermessen nach, 8) anfänglich
in Absicht auf Herbeyhol- und Emporbringung derer Fabriquen gemeinet, wann aber 9)
die fabriquen so lange Zeit in ihrem beständigen Flor stünden, so merke man diß Orts nicht
ab, warum just dem Eigensinn eines einzigen Mannes und civis so vieles contra salutem
publicam nachgesehen werden solte, da besonders 10) so viele Land-Tags Recesse die
Exemtiones der particulair-Personen von selbsten einschränkten". Der Amtshauptmann
stellt sich auf den gleichen Standpunkt und warnt vor den „üblen Consequenzien". Decha-
zaux behauptet, das Merciersche Anwesen sei durch verwandtschaftliche Beziehungen
schon seit langem zum größeren Teile sein Eigentum — „Dont mon Pere defun a donne par
Testament a ma Soeur Mercier, de laquelle Maison entiere mon dit Pere posedoit les meme
Privilleges . . ." —, er brauche notwendig die Räume zur Vergrößerung der Manufaktur.
Markgraf Friedrich wählt einen Ausweg, er verleiht die Privilegien auf weitere drei Jahre
„jedoch ultimato und ohne weitere Prolongation angedeyhen zu lassen". Kurz nach Ablauf
der Frist erscheint Dechazaux mit einer umfangreichen Eingabe (19. August 1755)71). Er
beklagt in beweglichen Worten das Ableben seines einzigen neunzehnjährigen Sohnes „sur
lequel je fondoit toute esperance humaine, pour le soutien de ma Manufacture, par les
talens qu'il avoit aquit par l'aide de Dieu, au dessus des forces de son äge". Sollte zu dieser
Katastrophe auch noch der Verlust der ihm bislang gewährten Privilegien kommen, müsse
er endgültig die Manufaktur schließen. Es folgt eine Reihe von Gründen, die die Weiter-
gewährung im Interesse des Landes als dringend erscheinen lassen. Der Markgraf hat ein
Einsehen; die Privilegien werden bis 1759 verlängert. Hiermit schließen die aktenmäßigen
Unterlagen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die Vergünstigungen bis zum Ableben des
Wirkers (1779), der augenscheinlich noch im hohen Alter seine Kunst übte, in Kraft blie-
ben. Leonhard Freyesleben erwähnt 1775 in seiner Zusammenstellung „Das ietzlebende Er-
langen" als Tapetenmacher: Monsieur Jean Dechazaux. Der „Grundriss der Hochfürstl.
Brandenburg. Hauptstadt Erlangen" vom Jahre 1751 nennt die Straße, in der die Manufak-
tur sich befindet: „Jean de Chazaux, Hoftapetenmacher wohnt in der Bauhofgasse". Joh.
Georg Baumgärtel und Conrad Hönig, die unter der Rubrik „Tapezierer" erscheinen, sind

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