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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0208
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140 Deutschlands Kunstschätzt.
kelnden Augen hin- und herflogen, als suche sie irgend einen Plan zu haschen... „Aber, gilt's dem
Pyrkheimer so thu' ich schon etwas und schlage mir's aus dem Sinne, daß er sich über Meister
Dürer zu erheben versucht hat."
„Sagt mir, Frau Agnes, was habt Ihr im Sinne?" fragte Maxentia in höchster Aufregung.
„Noch gar nichts, Kind ... Das will abgelauert sein, wie der Jäger dem Hasen auflauert.
Aber verlaß Dich drauf: ich werde dem Herrn Wilibald aus die Finger schauen und nicht verfehlen,
ihn über Helm und Kragen zu treffen."
Draußen ward's lebendiger, als bisher. Die Gemüseweiber, welche die Ecke des Hauses von
Meister Dürer besetzt hielten, erhoben sich und man sah von der Stube aus ihre gewaltigen Flügel-
Hauben in lebhafter Bewegung. Frau Agnes eilte zum Fenster.
„Da sind sie schon!" stieß sie hervor. Sie war sehr blaß geworden, bewahrte aber ihre volle
Geistesgegenwart ... „Geh' Hinaus, Maxli, es ist der Pyrkheimer und der da neben ihm, der mit
dem ernsten, blassen Gesicht, das ist der Kaiser . .. Und da sind auch noch mehr Fremde und der
Rath Muggenau... Halte sie auf: sage, Du hättest Niemand von uns daheim gefunden ...
Sag' was Du willst; aber ich muß erst im Arbeitszimmer Dürer's auskramen, oder die Herrschaften
gerathen in die leibhaftige Trödelbude hinein .. ."
Damit schoß Frau Agnes aus der Thür und in die Dunkelheit hinein. Die Stöckchenpan-
toffeln klapperten aus der Treppe; aber die Trägerin war den jetzt in's Haus eintretenden Herren
glücklich entwischt.
Maxentia hatte keine Wahl, sondern mußte dem Befehl der Frau Agnes gerecht werden.
Wenn nur Pyrkheimer nicht gleich voran gegangen wäre! Aber, hier ließ sich nichts ändern.
„Du, Maxentia?" fragte Herr Wilibald sehr mißmuthig. „Was machst Du hier, während
ich glaube, daß Du zum Schrannen gegangen bist?"
„Sieh da, das Maxli", sagte Kaiser Max, die Fingerspitzen an den Hut legend. „Je lieber
mir das Jüngferlein, je mehr trägt mir der Gamsstieg ein" — fügte der alte Waidmann hinzu,
indeß die Trümmer jenes Lächelns über sein hageres Gesicht strichen, womit er einst die schönen
Augsburgerinnen bezaubert Hatte.
Hinter dem Kaiser ging, etwas ängstlich umherspähend, Herr Wilibald; dann folgten Graf
Dietrichstein, der junge Graf Althan und der kaiserliche Rath Doctor Muggenau.
Als Maxentia des Letzteren ansichtig wurde, hätte sie sehr gern die Flucht ergriffen; aber sie
bedachte, daß sie die Gunst von Frau Agnes auf immer verscherzen werde, wenn sie auf ihrem
Posten nicht ausharre. Das Mädchen wandte sich an Herrn Wilibald.
„Herr Pyrkheimer, wenn Ihr doch dem Herrn Kaiser sagen wolltet, daß ich Meister Albrecht
und Frau Agnese gesucht, aber nicht zu Hause gefunden habe . . .", fing sie zagend an.
„Ei Potz Velten und Sanct Florian!" sagte der Kaiser. „Woher sollte Herr Pyrkheimer denn
so im Handumdrehen den Kaiser nehmen? Ich bin's heute nicht, kleines Pathchen, und auch für so
lange nicht, als ich in Nürnberg sein werde, ausgenommen, wenn ich Dir, schöne Maxentia, noch ein-
mal das Kettlein anbieten und für einen seufzenden Anbeter ein gutes Wort einlegen werde ..."
Maxentia machte eine abwehrende Bewegung und wandte den Kopf ab.
„Nun, Deinem Taufvater kannst Du immerhin die Hand reichen!" sagte der Kaiser sanft.
„Mit der Werbung können wir's ja noch auf sich beruhen lassen!"
 
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