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Joh. ReuchUn und aeine Zeit,

mehr metaphysisch a!s historisch, unmitteibar auf die Vor-
sehung zu provociren!) bestund für diesen — nicht nur
für dasEiegante, wie Erasmus, sondern auch für scharf-
sinnigen phüosophischen und theologisch praktischen
Inhalt empfängiichen — Geist darin, dafs er 1473. mit
einem zu einer höheren Kirchenwürde bestimmten Badi-
schen Markgrafen nach Paris kam, wo der zu Costanz
wirksam gewesene Geist Gerson's, d'Ailly's undCleman-
gi's schon von der Kirchenscholastik abienkte, von dem
eroberten Constantinopei entflohene Griechen aber mit
der Sprache zugleich ästhetische und philosophische
Sachkunde hin verpflanzten. Der Verf. giebt selbst an,
dafs der siebzehnjährige R. nur Oberflächlichkeit im
Lateinischen dahin gebracht haben konnte. Aber nun
gerade fiel Er in den Zeitpunkt, wo Johann de Lapide
über Valla's Elegantiä las und wo der Nominalismus,
(der einseitige Versuch einer Begriffsphilosophie!) sogar
durch ein Edict Ludwigs XI. zurückgedrängt wurde. So
wie durch Kr Carls IV. häufigen Verkehr mit Paris die
Universität Prag entstanden und in jene Ferne, früher
als nach Deutschland , mehr Verstandeslicht und Urtheils-
freiheit hinübergebracht worden war, so gewährte auch
dem einzelnen R. Paris, das er 14??. zum zweitenmal
besuchte, eine in Teutschland unerhörte, vielseitige so-
wohl philologische als philosophische Aufregung des Gei-
stes, mit neuen Mitteln seiner Bildung. Die Alten nährten
Ihn doppelt, indem Er von Homer, Isokrates, Aristo-
teles u. s. w. die Schriften öfters für Andere kopirte,
welche Hermonymus von Sparta auslegte. So vurde R.
antischolastisch, theils weil er den Aristoteles selbst und
nicht mehr blos verkehrte lateinische Uebersetzungen
aus dem Arabischen kennen lernte, sondern auch durch
Joh. Wessel von Groningen, dengelehrtenSchüler
des frommen Thomas von Kempen. Jener war durch Ver-
einigung von Plato und Aristoteles ein „Afug/ster C07Z-
gegen die theologisirende Scholastik ge-
worden, so dafs er, statt jener Trockenheit, mit seiner
 
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