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16 Joh. Reuchlin und seine Zeit, von Dr. Mpyerhoff.
nur gar zu leicht, dals ganze Zeitalter Manches für
einen entschiedenen AusAuls des religiösen Gefühls und
Bewulstseyns halten, was doch nur durch lange Ge-
wohnheit hineingetragen ist und den Schein einer, dem
menschlichen Gemüth unläugbaren Urwahrheit durch
blolse Angewöhnung erhalten hat. (Eben deswegen ist
z. B. das Schleiermacherische Deduciren einer theoreti-
schen Religionslehre aus einem angeblich religiösen
Gefühl oder Grundbewufstseyn mehr nicht als ein Ab-
leiten des Glaubens von dem , was man sich schon zu
glauben angewöhnt hat, oder ein Bauen dessen, was er-
wiesen werden sollte, auf ein Fundament, in welches
man schon das zu erweisende hineinlegte.)
Was nun R. nach diesem Maals der ihm mög-
lichen Religionsüberzeugungen schon an sich für ent-
schieden hielt, dies suchte Er auch in der kabbali-
stischen Form deswegen wie Mysterium darzustellen,
weil diese Einkleidung dem, was Er sonsther für wahr
hielt, wie bei Ihm selbst, ebenso bei den pythagorei-
schen Platonikern seiner Zeit und bei gelehrten Juden,
mit denen Er umging, Eingang verschaffen konnte,
und überhaupt der in Soviele sich leicht verbreitenden
Neigung zu Mysterien ansprechend war. Der Unter-
schied, wenn man sein Kabbalisiren gerecht beurthei-
len will, liegt also darin, dals Er nicht erst aus den
alten, fremdartigen Buchstaben und Worten etwas her-
leiten und beweisen wollte, vielmehr das schon Ge-
glaubte nur durch diese Symbolik, durch einen ge-
lehrten Geheimnifsschein für Empfängliche desto an-
nehmbarer machte.

(Der BeseAtM/s /otgt.)
 
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