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29o HEIDELBERGER 1843,
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.


Cicero de legibus. Ed Bake,
CBeschluss.)
Von Licinius Macer ist diess um so mehr anzunelimen, als er als
Staatsmann eine nicht unbedeutende Rolle gespielt und als Redner eine
grosse Thätigkeit entwickelt hat; cf. Cie. Brut. 83, 287. und selbst die
wenigen Fragmente seiner Annalen deutliche Spuren von Reden aufwei-
sen. Wenn Herr B. ferner meint, es verriethe eine ,,putida diligentia“
des Atticus , wenn er in der Charakteristik des Macer. nicht bloss über
die Geechichterzählung überhaupt, sondern noch besonders über die Re-
den in seinen Annalen sollte geurtheilt haben, so lässt sieh die Sache
eben so gut umdrehen und sagen, dass gerade aus dieser diligentia des
Atticus erhelle, dass sieh Macer in seinen Annalen bis zum Uehermass
in Reden gefiel, weshalb es ganz natürlich sey, dass Atticus nicht bloss
überhaupt seine Schwatzhaftigkeit rüge, sondern sich noch besonders
über die Weitläuftigkeit und Abgeschmacktheit der eingestreuten Reden
einlasse. Hätte Atticus den Macer auch als Redner charnkterieiren wol-
len, so hätte er wohl geschrieben: orator autem multus et ineptus, und
nicht in oratio nibus, wie cs sogleich vom Sisenna heisst: is tarnen
cequc orator in numero vestro unquam est habitus, et in historia
puerile quiddam consectatur. Wenn hier Atticus den Sisenna auch als
Redner beurtheilt, so hatte er seinen guten Grund: er tadelt nämlich den
ganzen Geist seiner Geschichtschreibung; und wäre auch dieser zu lo-
ben, so könnte er doch nicht als guter Historiker gellen, weil er ein
schlechter Stylist sey; d. h. weil ihm die facultas oratoria abgehe. Die
Verbesserung der Schlussworte der besprochenen Stelle datio summa
impudentia ist Herrn B. eben so wenig als seinen Vorgängern gelun-
gen; seinen Einfall clamator summa impudentia scheint er nur darum
mitgetheilt zu haben, um nicht dav'iJ-ßoXo? an einem locus conclamatus
vorübergegangen zu seyn. Eine weit grössere Wahrscheinlichkeit hat
die neueste Conjectur von A. W. Zumpt: in orationibus multus et in-
eptus et adeo summa impudentia.
Cap. 3. bespricht Quint. Cicero die Meinungsverschiedenheit, die
zwischen ihm und seinem Bruder darüber herrschte, welche Zeit der
letztere als Historiker behandeln sollte. Quinlus meinte die ältere Ge-
schichte, hingegen Marcus die Zeitgeschichte Darauf bemerkt Atticus;
ego vero huic assentior: sunt enim maximae res in hac memoria atque
aetate nostra. Diese einfachen, klaren Worte sollen nach Herrn B. nicht
Ciceronisch seyn! Man wird mit Verwunderung fragen, aus welchen
XXXVI. Jahrg, 3- Doppelheft. £9
 
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