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N°. 49

HEIDELBERGER

1843

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Richter: Beiträge zur Heilkunde.
CB es chlns s.)
Die Vorzüge der Heilkunst beruhen aber auf dem Primat des Gei-
ste* über die Natur, indem »ich auch im menschlichen Geiste das gött-
liche Wesen in höherer Weise als in der Natur offenbart, und der Arzt
da, wo die Naturheilkraft nur bewusstlos wirkt, bei allen seinen Hand-
lungen sich die Idee der vollen Gesundheit als das zu realisirende Ideal
seiner Kunstbestrebungen vorhält, —
Wenn wir nach dem Vorstehenden den Leistungen des Verf. unsern
absoluten Beifall nicht zurufen können, wenn wir — und wir berufen uns
hiebei auf das Urtheil partheiloser Denker — nicht zugeben können,
dass es dem Verf. gelungen sei, die bestehenden Gegensätze von Theorie
und Praxis, von II umorism und Dynamism, von Chemism und Vitalisin
etc. etc. auszusühnen ; ja! wenn wir sogar den schiefen Standpunkt, auf
den sich der Verf selbst stellte, als die Ursache dieses Misslingens be-
zeichnen mussten, so fiele cs uns nichtsdestoweniger nicht im Mindesten
ein , deshalb über den Verf. einen Tadel aussprechen zu wollen. Wir
können mit Martial sagen:
Hunc servare moduni nostri didicere Iibelli,
Parcere personis, dicere de vitiis.
Nein! Ganz im Gegentheil glauben wir vielmehr, dass die Wis-
senschaft seinem Unternehmen zu grossem Danke verpflichtet sein muss,
indem er eine Seite in ihrer Geschichte, welche jetzt nothwendig in
die Entwicklung treten musste, mit so viel Beharrlichkeit und Con-
eequenz und ganz unbekümmert um den Erfolg auszubilden strebte. Es
ist ja ein bekanntes Gesetz, dass jede Entwicklung sich nur durch aliuiä-
liges Hervortreten der respektiven Faktoren vollendet, und haben diese
ihren Kreislauf durchlaufen, sie in einer höhern Einheit auf dem Culmi-
nat io ns punkte iudiffsrenzirt.
Nachdem somit das Streben der Medizin in der Gegenwart von
dem Involutionspunkte der Naturphilosophie ausgehend und dort die
Käthsel der Natur mehr ahnend als durchschauend sich an die Realität
des Substrates zu wenden begann, um ihren Standpunkt zu begründen
und eine sichere Unterlage für die Spekulation zu linden, so war es ganz
natürlich, dass sich dem Forschungsgeiste zuerst der Chemism und IVle
chanism als Grundkräfte oder vielmehr Grund f u n k t i o n en der Materie
darstellten. So entstanden denn auch die neuere Humoralpatholo-
gie und die N e r v en p a t h o 1 ogi e. Aber mit dieser letztem war schon
XXXVI. Jahrg. 5- Doppelheft.
 
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