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1843

N°- 59. HEIDELBERGER
JAHRBÜCHER HER LITERATUR.
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Schriften von Gabler und Uhden über die Zustande der
anglicanischen Kirche.
[Beschluss.)
Doch erwähnt Uhden auch mit Recht die Schattenseite des engli-
schen Gottesdienstes, indem er p. 111 sagt: „Als Bedenken erscheint
heim Gottesdienste, die Länge des liturgischen Theilcs, welcher des Mor-
gens mehr als fünf 'Viertelstunden dauert; cs ist kaum denkbar, dass ein
Zuhörer sich so lange in der angemessenen Stimmung des Gebetes er-
halten könne, wenn auch eine sehr lebendige und sich wiederholende
Aufregung durch das Gewicht und die Kräftigkeit der Worte stattfindet;
es ist nicht zu leugnen, dass es dabei der Predigt sehr schwer wird,
sich geltend zu machen, nicht hlos weil der Zuhörer ermüdet ist, wenn
sie beginnt, sondern fluch, weil ihr die Intensität und Ausdehnung des
Schriftworts und der Gebete gegenüber steht. Auffallend sind ferner die
Wiederholungen: das Vater-Unser kommt viermal vor und wird ausser-
dem zu Anfang der Predigt gesprochen; die Collekte des Sonntags findet
sich, wie das Glauhcnshekenntniss und einige Responsorien, zweimal,
das Gebet für den König in verschiedener Form dreimal.“ Aber trotz
dieser Mängel wünschen weder Clerus noen Laien von der Festigkeit und
Unveränderlichkeit der Bestimmungen abzugehen, aus Furcht, dass dies
Zeichen der Eigentümlichkeit, dies Werkzeug der Wirksamkeit in der
anglicanischen Kirche geschwächt werden möge. Mit dieser Anhänglich-
keit an das Liturgische hängt es zusammen, dass der Engländer auch in
den grösseren Städten fast immer nur eine und dieselbe Kirche besucht,
vorzüglich gern die Pfarrkirche.“ —
Diese Bemerkungen über den englischen Gottesdienst führen uns
auf das dritte symbolische Bnch der englischen Kirche, nämlich auf die
Homilien. Schon im Jahr 1547 wurde eine Sammlung von Predigten,
die hauptsächlich von Cranmer und Ridley herrührten, publicirt, um
beim Gottesdienste vorgelesen zu werden. Dies hatte einen dreifachen
Zweck, einmal den im Predigen ungeübten Geistlichen die Mittel an die
Hand zu geben, durch mündlichen Vortrag die Versammlung zu beleh-
ren, dann die Gegner der kirchlichen Neuerungen zu verhindern, durch
freie Kanzel Verträge der Reformation entgegen zu wirken und endlich
dem Hervortreten schwärmerischer Lehren, wodurch der besonnene Gang
in den kirchlichen Aenderungen gestört werden konnte, zu steuern. Denn
mit der Püblicatiou der untir des Königs Autorität herausgegehenen
Homilien wurde auch zugleich das Verbot bekannt gemacht, etwas dem
XXKVI. Jahrg. (►. Doppelheft, Ö9
 
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