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Zappert: Ueber ein althochdeutsches Schlummerlied.
ist, und es scheint überhaupt, als wenn sich die Photographie zur
Facsimilirung alter Handschriften nicht so eignete, als wie zur Wie-
dergabe anderer Gegenstände. Sie copiert allerdings mit sklavischer
Treue, aber abgesehen davon, dass die Abbildung stets etwa um
ein Sechstel kleiner wird, geben die oft nicht scharf ausgeprägten,
theilweise verschwommenen Züge des Originals der Maschine zu wenig
Haltpunkte, die Züge der Nachbildung werden trotz aller Treue doch
stets unbestimmt und unsicher, und’geben nie ein klares lebendiges Bild
der Handschrift. Risse im Pergament, Brüche, Flecken werden copiert,
prägen sich oft deutlicher aus als die Buchstaben, und drängen sich,
in der Abbildung nicht einmal durch die Farbe verschieden, verwirrend
zwischen die Buchstaben. Nach meiner selbstgemachten Erfahrung
in dieser Hinsicht, muss der Photographie, wenn sie überhaupt Ge-
nauigkeit beanspruchen will, stets von sachkundiger Hand nach-
geholfen werden, die feinen Nüancierungen müssen aus freier Hand
auf dem Steine eingezeichnet werden, gerade so wie das sorgfältig
durchgezeichnete Facsimile mit Feder oder Pinsel ausgeführt werden
muss. Die Photographie darf also gleich der Durchzeichnung nur
als Substrat gelten, und es ist eben so irrig, die Photographie
selbst schon für das vollendete Facsimile gelten zu lassen, als es ver-
kehrt wäre, wenn man auch mit der sorgfältigsten Durchzeichnung
ohne weitere Ausführung den gerechten Anforderungen Genüge ge-
than zu haben glaubte. Man mag also immerhin wiederholte Ver-
suche anstellen, um zu photographischen Abbildungen zu gelangen,
welche, auch wenn nicht aus freier Hand nachgeholfen ist, die auf
die gewöhnliche Art gefertigten an Treue und Zuverlässigkeit der
Züge, an Schärfe der Contouren und allseitig richtiger Farbe er-
reichen, so lange man aber nicht Abbildungen erzielt, welche sich
mit dem Facsimile des Hildebrandtliedes und ähnlichen messen
können, so lange man nur Unvollkommenes bieten kann, sehe
ich nicht ein, warum man in wichtigen Fällen, wo es sich
nicht um rasche Wiedergabe grosser Stücke, sondern um minutiöse
Abbildung weniger Zeilen handelt, nicht der grösseren Treue und
Zuverlässigkeit willen, sondern nur der Erfindung zu lieb den alten
bewährten Weg verlässt, und statt eines vollendeten Werkes einen
Versuch bietet, der als Photographie gelungen sein mag, ja vielleicht
alles Erreichbare bereits erreicht hat, — aber als Facsimile Niemand
befriedigt.
Immerhin aber ermöglicht das Facsimile eine selbständige Prü-
fung des Fundes, und eine Vergleichung mit der Lesung, die Z.
gibt. Nach einer sorgfältigen Prüfung der Schrift und einer genauen
Vergleichung mit den beiden buchstäblichen Abdrücken Z/s trete
ich im Ganzen der gegebenen Entzifferung bei, doch muss ich be-
merken, dass am Schlüsse der ersten Zeile: craftlich, nicht: craftlicho
steht, wie Z. in beiden Abdrücken angibt, und dass am Schlüsse
der dritten Zeile bei cbind von dem v, das Z. im zweiten Ab-
Zappert: Ueber ein althochdeutsches Schlummerlied.
ist, und es scheint überhaupt, als wenn sich die Photographie zur
Facsimilirung alter Handschriften nicht so eignete, als wie zur Wie-
dergabe anderer Gegenstände. Sie copiert allerdings mit sklavischer
Treue, aber abgesehen davon, dass die Abbildung stets etwa um
ein Sechstel kleiner wird, geben die oft nicht scharf ausgeprägten,
theilweise verschwommenen Züge des Originals der Maschine zu wenig
Haltpunkte, die Züge der Nachbildung werden trotz aller Treue doch
stets unbestimmt und unsicher, und’geben nie ein klares lebendiges Bild
der Handschrift. Risse im Pergament, Brüche, Flecken werden copiert,
prägen sich oft deutlicher aus als die Buchstaben, und drängen sich,
in der Abbildung nicht einmal durch die Farbe verschieden, verwirrend
zwischen die Buchstaben. Nach meiner selbstgemachten Erfahrung
in dieser Hinsicht, muss der Photographie, wenn sie überhaupt Ge-
nauigkeit beanspruchen will, stets von sachkundiger Hand nach-
geholfen werden, die feinen Nüancierungen müssen aus freier Hand
auf dem Steine eingezeichnet werden, gerade so wie das sorgfältig
durchgezeichnete Facsimile mit Feder oder Pinsel ausgeführt werden
muss. Die Photographie darf also gleich der Durchzeichnung nur
als Substrat gelten, und es ist eben so irrig, die Photographie
selbst schon für das vollendete Facsimile gelten zu lassen, als es ver-
kehrt wäre, wenn man auch mit der sorgfältigsten Durchzeichnung
ohne weitere Ausführung den gerechten Anforderungen Genüge ge-
than zu haben glaubte. Man mag also immerhin wiederholte Ver-
suche anstellen, um zu photographischen Abbildungen zu gelangen,
welche, auch wenn nicht aus freier Hand nachgeholfen ist, die auf
die gewöhnliche Art gefertigten an Treue und Zuverlässigkeit der
Züge, an Schärfe der Contouren und allseitig richtiger Farbe er-
reichen, so lange man aber nicht Abbildungen erzielt, welche sich
mit dem Facsimile des Hildebrandtliedes und ähnlichen messen
können, so lange man nur Unvollkommenes bieten kann, sehe
ich nicht ein, warum man in wichtigen Fällen, wo es sich
nicht um rasche Wiedergabe grosser Stücke, sondern um minutiöse
Abbildung weniger Zeilen handelt, nicht der grösseren Treue und
Zuverlässigkeit willen, sondern nur der Erfindung zu lieb den alten
bewährten Weg verlässt, und statt eines vollendeten Werkes einen
Versuch bietet, der als Photographie gelungen sein mag, ja vielleicht
alles Erreichbare bereits erreicht hat, — aber als Facsimile Niemand
befriedigt.
Immerhin aber ermöglicht das Facsimile eine selbständige Prü-
fung des Fundes, und eine Vergleichung mit der Lesung, die Z.
gibt. Nach einer sorgfältigen Prüfung der Schrift und einer genauen
Vergleichung mit den beiden buchstäblichen Abdrücken Z/s trete
ich im Ganzen der gegebenen Entzifferung bei, doch muss ich be-
merken, dass am Schlüsse der ersten Zeile: craftlich, nicht: craftlicho
steht, wie Z. in beiden Abdrücken angibt, und dass am Schlüsse
der dritten Zeile bei cbind von dem v, das Z. im zweiten Ab-