Nr. 24. HEIDELBERGER 1860.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Johan Melchior Goeze. Eine Rettung. Von Dr. G. R. Röpe.
Hamburg, 1860.
In einer Anzeige der oben genannten Schrift bemerkt Herr
Wolfgang Menzel in Nr. 20 seines „Literaturblattes“:
„Da auch wir, lange vor Hm. Röpe, den armen
Goeze gegen Lessing vertheidigt haben, und uns ent-
gegengehalten worden ist, wir hätten Lessing Unrecht gethan, so-
fern er nicht das Christenthum an sich, sondern nur die pfäffische
Orthodoxie des Hauptpastors Goeze angegriffen habe, weisen wir
diese Entgegnung als eine a bgedr o sch en e A us f 1 u ch t zurück.“
„Was Lessing eigentlich vom Christenthum dachte“, sagt
Hr. Menzel a. a. 0., „hat er selbst in einem, freilich nicht für den
Druck bestimmten, Brief an seinen Leibjuden Mendelssohn vom
9. Jan. 1771 gesagt: „„Sie (als Jude) sind glücklicher, als andere
ehrliche Leute, die den Umsturz des abscheulichsten Gebäudes von
Unsinn (das Christenthum) nicht anders als unter dem Vorwande,
es neu zu unterbauen, befördern können.““
Hr. Menzel verharrt also dabei, dass Lessing unter „dem ab-
scheulichsten Gebäude von Unsinn“: „das Christenthum“, wie er
in Klammern beifügt, oder „das Christenthum an sich“ verstanden
habe, und weist eine andere Auslegung als „eine abgedroschene
Ausflucht“ zurück. Diese „Zurückweisung“ geht ohne Zweifel da-
rauf, dass ich in meiner Schrift: „Dr. Wolfgang Menzel’s in seiner
„„Deutschen Dichtung von der ältesten bis auf die neueste Zeit““
gegen die Grössen unserer klassischen Literatur erhobene Anklagen
beleuchtet &c., Frankfurt a. M., 1860“ Hm. Menzel in Beziehung
auf die angeführte Stelle in dem Briefe Lessing’s an Mendelssohn,
wie sie in seiner „Deutschen Dichtung &c.“ angegeben war, gröb-
liche Entstellung der Worte Lessing’s vorgeworfen hatte. Er
mochte und mag diese Worte auslegen wie er wollte und will, in
keinem Falle durfte er sich erlauben, seine Erklärung der Worte
für die Worte selbst auszugeben; und dass er dies hintendrein gar
für einerlei erklärt, ist eine „Ausflucht“, welche sich nicht einmal
dadurch beschönigen lässt, dass sie „abgedroschen“ wäre. Aber
freilich sind Hrn. Menzel so viel leichtsinnige Irrthümer und mehr
als leichtsinnige Unrichtigkeiten in seiner „Deutschen Dichtung &c.“
von mir nachgewiesen worden, dass er, wenn er sich nicht von
vornherein aufs Leugnen und Ausreden legte, auch alles, was er
als Wahrheit darauf bauen will, aufgeben müsste; und das würde
für ihn leider sich selbst aufgeben heissen.
L1II. Jahrg. 5. Heft.
24
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Johan Melchior Goeze. Eine Rettung. Von Dr. G. R. Röpe.
Hamburg, 1860.
In einer Anzeige der oben genannten Schrift bemerkt Herr
Wolfgang Menzel in Nr. 20 seines „Literaturblattes“:
„Da auch wir, lange vor Hm. Röpe, den armen
Goeze gegen Lessing vertheidigt haben, und uns ent-
gegengehalten worden ist, wir hätten Lessing Unrecht gethan, so-
fern er nicht das Christenthum an sich, sondern nur die pfäffische
Orthodoxie des Hauptpastors Goeze angegriffen habe, weisen wir
diese Entgegnung als eine a bgedr o sch en e A us f 1 u ch t zurück.“
„Was Lessing eigentlich vom Christenthum dachte“, sagt
Hr. Menzel a. a. 0., „hat er selbst in einem, freilich nicht für den
Druck bestimmten, Brief an seinen Leibjuden Mendelssohn vom
9. Jan. 1771 gesagt: „„Sie (als Jude) sind glücklicher, als andere
ehrliche Leute, die den Umsturz des abscheulichsten Gebäudes von
Unsinn (das Christenthum) nicht anders als unter dem Vorwande,
es neu zu unterbauen, befördern können.““
Hr. Menzel verharrt also dabei, dass Lessing unter „dem ab-
scheulichsten Gebäude von Unsinn“: „das Christenthum“, wie er
in Klammern beifügt, oder „das Christenthum an sich“ verstanden
habe, und weist eine andere Auslegung als „eine abgedroschene
Ausflucht“ zurück. Diese „Zurückweisung“ geht ohne Zweifel da-
rauf, dass ich in meiner Schrift: „Dr. Wolfgang Menzel’s in seiner
„„Deutschen Dichtung von der ältesten bis auf die neueste Zeit““
gegen die Grössen unserer klassischen Literatur erhobene Anklagen
beleuchtet &c., Frankfurt a. M., 1860“ Hm. Menzel in Beziehung
auf die angeführte Stelle in dem Briefe Lessing’s an Mendelssohn,
wie sie in seiner „Deutschen Dichtung &c.“ angegeben war, gröb-
liche Entstellung der Worte Lessing’s vorgeworfen hatte. Er
mochte und mag diese Worte auslegen wie er wollte und will, in
keinem Falle durfte er sich erlauben, seine Erklärung der Worte
für die Worte selbst auszugeben; und dass er dies hintendrein gar
für einerlei erklärt, ist eine „Ausflucht“, welche sich nicht einmal
dadurch beschönigen lässt, dass sie „abgedroschen“ wäre. Aber
freilich sind Hrn. Menzel so viel leichtsinnige Irrthümer und mehr
als leichtsinnige Unrichtigkeiten in seiner „Deutschen Dichtung &c.“
von mir nachgewiesen worden, dass er, wenn er sich nicht von
vornherein aufs Leugnen und Ausreden legte, auch alles, was er
als Wahrheit darauf bauen will, aufgeben müsste; und das würde
für ihn leider sich selbst aufgeben heissen.
L1II. Jahrg. 5. Heft.
24