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D'r Nagglmaier.
Es is e Glick, daß mer
e Waſſerleitung im Petto
hawe, Männer! Dann wie
nothwendig e gut Dreppl-
Waſſer is, ſchbiere mer
gegewärtig norr zu deit-
lich! Mit was unſerm
unerbittliche Feind, der
uns immer un immer
widder uff de Hals rickt,
ſo oft mer'n aach ſchunn
ſiegreich in die Flucht.
g'ſchlage — mit was un-
ſerm Dorſcht aweil in,
die Flanke ricke? Mit
Bier? Seit ich 's neiſchte
Bierrezept geleſe, haw ich
ganz de Abeditt dran
verlore. Un de laut
nocheme Auszug auseme
gedruckte Zirkular, deß
jetzt an die Bierbrauer 5
verſchickt werd, wie folgt:
„Berlin, Datum des =
Poſtſtempels. Sacharin für Bierbrauereſen. Das Sa-
charin hat ſich in kurzer Zeit in faſt ſämmtlichen
Bierbrauereien des In⸗ und Auslandes eingeführt und
unzweifelhaft iſt es in der Hand des Brauers ein
Mittel von unbezahlbarem Werthe und jeder intelligente
Brauer iſt längſt zu der Ueberzeugung gekommen, daß
man ſich nicht an die alte Regel: „nur Malz und
Hopfen“ binden kann. Das Sacharin iſt ein aus
nicht vegetabiliſchen Stoffen hergeſtellter flüſ-
ſiger Zucker. Mit bedeutendem peciniärem Vortheil
verwendet man das Sacharin als Malzextrakt; 7 Liter
Sacharin echednrsenau 1 Zentner Malz. Man nimmt
zu einem Gebräu von ca. 14 Zentner Malz nur 10
Zentner reines Malz, jedoch ſo viel Hopfen und Waſ-
ſer, wie zu 14 Zentnern Malz gehören und ſetzt für
die fehlenden 4 Zentner Malz 28 Liter Sacharin zu.
Matten oder verdorbenen Bieren wird pro Hectoliter
ca. 1—2 Liter Sacharin zugegeben; Biere, die bereits
ſauer ſind, werden durch ca. ½ Liter Natron per Hec-
toliter verſchönert und dann durch Zuſatz von Sacharin
auf den Süßgehalt gebracht. Der pecuniäre Vortheil

ſtellt ſich ſehr bedeutend, denn 28 Liter Sacharin koſten
faſt nur halb ſo viel als 4 Zentner Malz und zweitens

wird auch noch die Steuer erſpart, da Sacharin als
nicht zu beſteuerndes Malzſurrogat anerkannt worden-
iſt. Der Conſum des Sacharin in Bierbrauereien iſt
bereits ein ſo bedeutender geworden, daß wir in den
letzten Jahren nicht im Stande waren, die an uns er-
gangenen Aufträge rechtzeitig zu effektuiren. Gleichzeitig
empfehlen wir Malzeouleur, Biercouleur, Braunzucker,
Bierbouquet, Caragheenmoos, Biergelatine, Hauſenblaſe,
Natron, ꝛc. Hochachtungsvoll K.. . . u. V
.ſtraße Nr. 12 Berlin.“

„ 2 *

r deitſche Bierapotheek.
mit d'r

ſeinem Schrecken bemerkte,
den Rücken des Thieres ſprang.

lange Zeit.

Leib hott, nemm's ein. Es laurt:;

Wohl bekomm's, Männer! Un alle Reſchbekt for ö
Bierapotheek. Un do will ma der. Cholera
Desinfection zu Leib gehn! Un ſucht ſe in

(d'r Luft! Un ſchtickt doch, wie Figurra Bierrezept
zeigt, wo ganz annerſcht!

Im Bedrug, in d'r Verfäl-
ſchung aller Leewensmittl! Uff dem Feld nit dr

Cbolerawen Schtrich durch die Krankheit gemacht werre.
Un vor allem: ⸗Bierunnerſuchung! Drotz allemdem

dirfe mer uns nit ferchte, vor der Choleru. Norr
nit ängſchtlich, Männer! Folgendi Parabel dirft in der
Beziehung ihr Moral hawe: „Ein Muſelmann ritt ge-
mächlich auf ſeinem Eſel zur Stadt, als er plötzlich zu
daß⸗Jemand hinter ihm auf
. Entfetzt blickte er um
und ſah eine widerliche Geſtalt, welche ſich an ſeinen
Rücken klammerte. „Wer biſt du?“ fragte er. —
„Die Cholera.“ — Wehe mir! Was willſt du von-
mir?“ — „Daß du mich in die Stadt tragen ſollſt.“

9 — „Das⸗ werde ich bleiben laſſen, denn dü würdeſt
die ganze Bevölkerung tödten.“ — „Das werde ich nicht
thun,, ich laſſe mit mir handeln.“ Der Türke fäßt

Muth und begann wirkkich zu handeln.“ Es wurde
ausgemacht, daß die Cholera ihn ſelbſt, ſeine Familie,

ſeine Verwandten und Bekannten verſchonen müſſe,
und daß ſie überhaupt ſich blos achtzig Opfer auswäh-
Ilen dürfe. Hierauf ritten ſie in die Stadt. Da aber
begann ein furchtbares Sterben; au erſten Tage ſchon

fielen achtzig Opfer und jeden Tag mehr. Das währte
Endlich jedoch hörte das Sterben auf und
der Türke begegnete wieder der Cholera. „Du haſt
mich auf unwürdige Weiſe betrogen“, ſagte er erzürnt;
„iſt es ſchön, ſein Wort auf ſolche Weiſe zu brechen?“
Die Eholera aber wurde ſehr böſe und rief: „Ich
ſchwöre bei Allah, daß ich mein Verſprechen gehalten
habe; ich habe nicht mehr als achtzig Menſchen getöd-
tet; die andern ſind uicht durch mich, ſondern durch
die Furcht vor mir geſtorben.“ —

Um iwerigens nit ganz heit in d'r Cholerd un in
de Bierrezept ſchtecke zu bleiwe, will ich eich zur Ab-

wechslung aah noch 'seneiſchte Rezept for Mondſchein-
lieder zum Beſchte gewe. Wer e poetiſchi Ooder im
Nimm einen Vollmond und zwei Sternecc
Drei Fahrewohl undrvier-Adeenn
Fünf Seufzer in die weite Ferne ů—t
Cin taauce Aug and ſichen Weh'ei
„ Zerſtoße dieſes mit acht Roſen,
„Reun Veilchen und der Lilien zehn,/,
Und etwas Zwielichtskiebeskoſenn
Und laß estträumend dann vergehn;
Dann rühre etwas Abendröthe *
uund etlpqs Lämmerwölkchen dran,
Und eine Nachtigallen⸗Flöte,
2% Und einen trauten Silberſchwan.
Rimm dann ein Liter Seegekräuſelrlr
Und Waldesduft und Einſamkeit
Ulnd Südenhauch und Weſtgeſäuſeell..
Und etwas Freud und etwas Leidz
Unzerähre dies mit Dichters Name.
Mit einem blühenden Myrthenreis,,
ö Id bringe es für zarte Damen
Dann auf bie Tafel glühend heiz.

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer
 
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