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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0055
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I. Baubeschreibung.

Die vorhandnen fünf Säulenbasen (Nr. 2, 6, 7, 8, 10) und fünf Pfeilerbasen (Nr. I, 4, 5, 9, 3) ge-
hören ihrer Größe nach zur mittlem Ordnung; ihre Abmessungen zeigen untereinander verhältnismäßig
geringe Abweichungen, nur bei Nr. 3 sind dieselben erheblicher, so daß ihre Zugehörigkeit sehr zweifel-
haft bleibt. Alle haben die gewöhnliche Form der späten attischen Basis und tragen auf dem Ober-
lager ein Dübelloch mit Vergußrinne.

Schwierigkeiten bietet eine zweite Gruppe von Basen eigenartiger Bildung, die in ähnlicher Form
auch an dem großen römischen Prachttor des milesischen Südmarktes vorkommen. Vorhanden sind
vier bis fünf Säulenbasen (Nr. II, 12, 15, 16; Nr. 13 ist vielleicht nicht hierhergehörig und das Frag-
ment eines Kapitells) und zwei Wandeckpfeilerbasen (Nr. 14, 17). Über einer einfachen quadratischen
Plinthe erhebt sich ein nach oben vorwölbender Kalathos, der von einer Reihe stehender Akanthus-
blätter umzogen wird, die bei zwei Basen (Nr. 15, u. 16) jedoch auf der rückwärtigen Hälfte des Um-
fanges nicht ausgearbeitet sind, da sie hier dem Beschauer nicht sichtbar gewesen wären. Der obere
Abschluß des niedrigen Korbes wird durch eine einfache rohe Schräge gebildet, die den Übergang zu
dem" mit einem Dübelloch versehenen Oberlager darstellt. Bei dem Markttor setzt hier, an Stelle der
Schräge, erst der untere Wulst der attischen Basis auf, so daß der Korb mit seinem Blattschmuck,
wie es das Natürliche ist, nur einen Sockel unter der Basis bildet. Hiernach ist man versucht, im vor-
liegenden Falle noch eine besonders gearbeitet Basis zwischen dem Blattsockel und dem Schaft an-
zunehmen, aber man versteht nicht, warum zwei so kleine Werkstücke nicht aus einem Block zusam-
mengearbeitet sein sollten. Wahrscheinlich hat man mit Rücksicht auf die Höhe der Anbringung ge-
glaubt, auf eine Basis verzichten und eine derartig verkümmerte Bildung anwenden zu können, — die
auch so den Zweck, den Schaft höher emporzuheben, erfüllte. (Vergl. auch Tafel 61.)

Die Zugehörigkeit der Stücke zur obersten Ordnung ergibt sich aus der Kleinheit ihrer Durch-
messer; die beiden Wandeckpfeiler-Basen zeigen eine auffallende Abweichung in den Höhenmaßen
gegenüber den Säulenbasen. Da sie unter sich gleich sind, beruht sie wohl nicht auf Zufall, sondern
stellt eine beabsichtigte Unterscheidung zwischen Wandpfeilern und Säule dar.

d. Säulenstühle. (Tafel 38,56,60,61,62.)

Die hierher gehörigen sieben Werkstücke zeigen als gemeinsames Merkmal eine große Unregel-
mäßigkeit und Nachlässigkeit in der Ausführung und damit zusammenhängend starke Abweichungen
der Abmessungen. Sie haben die Gestalt der gewöhnlichen altarförmigen Statuenbasen von quadra-
tischem Querschnitt und dazu ein rückwärts angesetztes Zungenwandstück gleicher Höhe, aber von
wechselnder Länge. Bekrönt werden sie von einem aus Plättchen, Wulst, Hohlkehle und Deckplatte
bestehenden Gesimse, das sich gegen die gesimslose Zungenwand totläuft; den Fuß bildet eine Platte
mit einfacher Schräge. Nur Nr. 2 ist ganz ohne Sockel; dieses Stück unterscheidet sich auch dadurch,
daß die Zungenwand auf der einen Seite von einer Schräge und Deckplatte bekrönt wird. Der Schaft
ist bei Nr. 3 u. 4 stark verjüngt, bei Nr. I, 2, 5, 6, 7, senkrecht, das Oberlager zeigt bei allen eine
runde, etwas über den umgebenden Rand erhöhte und so die Ecken der aufsitzenden Basisplinthe ent-
lastende Lagerfläche, wodurch die Bestimmung als Säulenstühle erwiesen wird; in der Mitte des Lagers
befindet sich ein Dübelloch mit Vergußrinne, außerdem hat das Oberlager, mit Ausnahme des Stückes
Nr. 2, im Schwerpunkt des Blockes ein Wolfloch. An der der Zungenwand entgegengesetzten vordem
Seite tragen die Schäfte mit Ausnahme von Nr. 2 und 7 je zwei kleine Dübellöcher, die von der Be-
festigung von Bronzezierraten, offenbar Kränzen, herrühren.

Der Größe nach scheiden sich die Blöcke in zwei Gruppen: eine niedrigere, die Nummern
 
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