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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 3.1914

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Silberer, Herbert: Der Homunculus
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https://doi.org/10.11588/diglit.42096#0047

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Der Homunculus

37

Der Homunculus.
Von HERBERT SILBERER.
Wagner (ängstlich):
Willkommen! zu dem Stern der Stunde.
(Leise):
Doch haltet Wort und Athem fest im
Munde,
Ein herrlich Werk ist gleich zu Stand
gebracht.
Mephistopheles (leiser):
Was gibt es denn?
Wagner (leiser):
Es wird ein Mensch gemacht.
Der Homunculus läßt sicherlich jeden an Goethes »Faust«
denken. In einem Laboratorium <Faust, II. Teil, zweiter
Akt, 2: »Laboratorium im Sinne des Mittelalters, weit-
läufige, unbehülfliche Apparate, zu phantastischen Zwecken«) bereitet
da Wagner einen Menschen durch chemische Arbeit. Indem wir
dieser Assoziation stattgeben, setzen wir den Homunculus gerade
in seine richtige Umgebung. Denn die Alchemie war es, deren
wunderbaren Künsten man einst die artefizielle Herstellung eines
Menschleins zutraute. Einer Studie über den Homunkel müßte
eigentlich eine solche über die Alchemie vorangehen, und zwar
müßte sie angesichts der ebenso schwer zugänglichen als weit ver-
zweigten Gedankenwelt dieser ehrwürdigen Kunst recht weit aus-
greifen. Statt mich aber hier derartig zu verbreiten, verweise ich den
Leser einfach auf mein soeben erschienenes Buch »Probleme der
Mystik und ihrer Symbolik«1, worin gerade die Alchemie eine aus-
giebige Behandlung erfährt.
So kann ich mich denn mit wenigen Hinweisen begnügen. In
den »Problemen« wird gezeigt, daß die alchemistische Symbolik
durchsetzt ist mit Zeugungsgedanken. Diese sprechen sich sowohl
offen aus als auch in dunkleren Bildern, deren Deutung indes dem
Psychanalytiker nicht allzuviel Schwierigkeit bereitet. Ganz klar
wird z, B. gesagt (von Morienes, dessen dictum in der alche-
mistischen Literatur mit Vorliebe zitiert wird): »Unser Stein (der
Weisen) ist die Confection oder Zusammensetzung unsers , . .
Geheimnüsses, und der Ordnung nach ist er gleich der Er^
Schaffung des Menschen,- Denn erstlich ist allda die Zusammen^
Vereinigung, und 2. die Corruption2, 3, die Schwängerung, 4. die
Geburt des Kindes, 5. folget die Nahrung.«3 Und das wird erklärt:
1 Im Verlag von Hugo Heller, Wien und Leipzig 1914.
2 Die Zersetzung oder Faulung des Samens in der Matrix. Vgl. das später
über die Putrefaktion Gesagte.
8 Z. B. bei Nicolaus Fiamellus (XIV. Jahrh.): »Schatz der Philo^
sophen«.
 
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