Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 3.1914

DOI Heft:
III.2
DOI Artikel:
Rank, Otto: Der Doppelgänger
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42096#0107

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IMAGO

ZEITSCHRIFT FÜR ANWENDUNG DER PSyCHO-
ANALYSE AUF DIE GEISTESWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG:
III. 2. DR. OTTO RANK / DR. HANNS SACHS 1914

Der Doppelgänger.
Von Dr. OTTO RANK.

I.

Partout oü j'ai voulu dormir.
Partout oü j'ai voulu mourir.
Partout oü j'ai touche la terre,
Sur ma route est venu s'asseoir
Un malheureux vetu de noir,
Q.ui me ressemblait comme un frere.
Müsset.

Die Psychoanalyse, die auf Grund ihrer Methodik gewohnt ist,
jeweils von der aktuellen psychischen Oberfläche ausgehend,
tieferliegendes und bedeutsames seelisches Erleben aufzu-
decken, hat am wenigsten Anlaß, einen zufälligen und banalen Aus-
gangspunkt zur Aufrollung weiterreichender psychologischer Probleme
zu scheuen. Es soll uns also nicht weiter stören, wenn wir die
Entwicklungs- und Bedeutungsgesdiichte einer altüberlieferten Volks-
vorstellung, die phantasievolle und grüblerische Dichter auch zur
Darstellung reizte, von einem »romantischen Drama« zurück ver-
folgen, welches vor kurzem die Runde durch unsere Kinotheater
gemacht hat. Das literarische Gewissen mag sich damit beruhigen,
daß auch der Verfasser dieses rasch populär gewordenen Stückes
»Der Student von Prag« ein Dichter von Ruf ist und daß er
sich an hervorragende, in der Wirkung bewährte Vorbilder gehalten
hat,- andere Bedenken gegen den innerlichen Gehalt eines so sehr
auf äußerliche Wirkungen angewiesenen Schaustückes wollen wir so
lange beiseite schieben, bis sich gezeigt hat, in welchem Sinne ein
auf uralter Volksüberlieferung basierter Stoff von eminent psydio^
logischem Gehalt durch die Anforderungen neuer Darstellungsmittel
verändert wird. Vielleicht ergibt sich, daß die in mehrfacher Hinsicht
an die Traumtechnik gemahnende Kinodarstellung auch gewisse psycho^
logische Tatbestände und Beziehungen, die der Dichter oft nicht in

Imago III,2

7
 
Annotationen