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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 3.1914

DOI Heft:
III.5
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Reik, Theodor: Die Couvade und die Psychogenese der Vergeltungsfurcht
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https://doi.org/10.11588/diglit.42096#0421

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IMAGO
ZEITSCHRIFT FÜR ANWENDUNG DER PSyCHO»
ANALYSE AUF DIE GEISTESWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG:
III. 5. DR. OTTO RANK / DR. HANNS SACHS 1914

Die Couvade
und die Psychogenese der Vergeltungsfurcht1.
Von Dr. THEODOR REIK (Berlin).

Hier dacht ich lauter Unbekannte
und finde leider nah Verwandte/
es ist ein altes Buch zu blättern:
vom Harz bis Hellas immer Vettern
Goethe.

I. Die Berichte.

Die alte Erfahrung, daß gerade dort, wo Begriffe fehlen, ein
Wort zur rechten Zeit sich einstelle, hat eine Bestätigung
durch, die Namengebung der als Couvade bezeichneten Phäno-
mene gefunden. Man hat das Wort von einem baskischen couver
<= brüten) abgeleitet2. Alle ernsthaften Forscher sind heute darüber
einig, daß die Bezeichnungen Couvade und Männerkindbett weder
dem Umfange noch dem Inhalte nach den beobachteten Tatsachen
entsprechen. Couvade ist nach der Ansicht von Sidney Hartland
»a name too rooted now to be changed, albeit one founded on a
mistake as the use of the word and a limitation untenable on
scientific grounds, though inevitable in the then state of our know-

1 Nach einem am 25. April 1914 in der Berliner psychoanalytischen Ver-
einigung gehaltenen Vortrage.
2 Cordier, De la covade en Espana. Anthropos 1910, p. 775 ff. Andere
wollten seinen Ursprung in einem lyonnesischen »Encovar« (cueva, encerrarse,
occultarso = sich verbergen) sehen. In dem heutigen Sprachschätze der französischen
Sprache fehlt das Wort. Es bezeichnete, wenn man dem »Dictionnaire de l'ancien
langage frangois« von La Courne de Saint Palaye 1877 folgen darf, »lieu de sürete,
demeure dans l'enceinte et couvert de son parc, D'oü vient l'expression faire
couvade pour se tenir ä couvert dans son parc, dans une asseuree retraite« <nach
Monet et Rob. Estienne Dict.) »Se cacher, se tenir aux aquets.« (Dict. de Cot-
grave.) — »S'accoupir comme une poule, qui couve afin de voir ce qui se passe,
sans se hasarder.« <IV. Bd., p. 358.) In Frederic Mistrals »Lou tresor doii felibrige
ou dictionnaire provengal francpaise« <Tom. I, p. 662) finden wir einen Ausdrude
Couvado oder Cougado, der sich dem Sinne nach mit dem der Couvade deckt.
 
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