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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 5.1917-1919(1919)

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Levy, Ludwig: Sexualsymbolik in der biblischen Paradiesgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.25679#0027

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Sexualsymbolik in der biblisdien Paradiesgesdiidite

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die Sdhritte Gottes hörten, der sich in der Abendkühle im Garten
erging, da versteckten sich Mann und Weib vor Gott mitten unter
den Bäumen im Garten. Gott aber rief dem Menschen und sprach
zu ihm: Wo bist du? Er sprach: Ich habe wohl deine Schritte im
Garten gehört,- aber ich fürchtete mich, ich bin ja nachend, da habe
ich mich verstedct. Er sprach: Wer hat dir kundgetan, daß du
nadcend bist? Du hast doch nicht von dem Baume gegessen, von
dem ich dir zu essen verboten hatte? Der Mensch sprach: Das Weib,
das du mir beigesellt hast, die hat mir von dem Baume gegeben,
da hab ich gegessen. Da sprach Gott zum Weibe: Was hast du
getan! Das Weib sprach: Die Schlange hat mich verfiihrt/ da hab
ich gegessen. Da spradi Gott zur Schlange: Weil du das getan hast:

Verflucht seist du vor allem Vieh,
vor allem Getier des Feldes!

Auf dem Bauche sollst du kriedien,

Staub sollst du fressen alle Tage deines Lebens!

Feindschaft will idt setzen zwisdien didt und das Weib,
zwisdten deinen Samen und ihren Samen:

Er trete dir nach dem Haupt,

du sdinappe ihm nach der Ferse!

Zum Weibc sprach er:

Die Schmerzen deiner Schwangerschaft will ich vermehren,

Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären.

Nadh deinem Manne gehe dein Verlangen — er aber sei dein Herr!

Zum Manne aber spradh er: Weil du deinem Weibe gehorcht
und von dem Baume gegessen hast, von dem ich dir zu essen ver«
boten hatte:

Verflucht sei der Adter um deinetwillen, mit Mühsal sollst du von ihm
essen alle Tage deines Lebens!

Dorn und Distel soll er dir tragen, und du mußt essen das Kraut des Feldes.
Im Schweiß deines Angesichtes sollst du Brot essen, bis du zum Adter
zurüdckehrst, denn von ihm bist du entnommen.

Der Mensch nannte sein Weib Eva: denn sie ist die Mutter alles
Lebendigen geworden.

Und der Mensch erkannte sein Weib Eva, da ward sie schwanger
und gebar den Qain.«

Was ist der Sinn der Paradiesgeschidhte, dieser schönen Sage
vom ersten Mensdhen, seinem Weib und der Schlange und der ver»
botenen Frucht vom Baume der Erkenntnis? Worin besteht die erste
»Sünde«? Was bedeutet der »Sündenfall«, an den sich die Lehre
von der Erbsünde knüpft mit ihren weitreichenden Konsequenzen?
Ist das Verbot des Essens vom Baume in der Mitte des Gartens
willkürlich gewählt? Hätte ebensogut irgend eine andere Sache den
ersten Menschen verboten werden können, um ihre Übertretung des
Verbots zu demonstrieren?

Imago V/I

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