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Dr. Ludwig Levy
empfunden und hat einen ewigen Fludi zur Folge. Diese Stellung-
nahme war damals eine Notwendigkeit. Denn nur durdi sie wurde
das weltgesdiiditliche Verdienst Israels möglidh, das die Religion
von der Sexualität, mit der sie in den heidnischen Kulten <in den
Frühlingsorgien und der Tempelprostitution) aufs engste verbunden
war, loslöste und die Ethik ins Zentrum der Refigion stellte. Die
Ethisierung des Kultus war ein gewaftiger Fortsdiritt gegenüber
den Vegetations» und Fruchtbarkeitskulten der heidnischen Völker.
Um diesen Fortschritt anzubahnen, mußte der Verfasser derParadies-
gesdiichte und nach ihm die Propheten mit ihrem hohen ethischen
Pathos das Sexuelle auf eine tiefere Stufe herabdrücken. Das Christen-
tum hat diese Tendenz noch verschärft. Seitdem ist der Fludv vom
Sexuellen nicht mehr gewichen, es blieb verfehmt, von Prüderie
gemieden, von Heuchelei umsponnen, von Tartufferie verfolgt und
audi von Wohlmeinenden verkannt. Heute ist ein Rüdcfall in jenes
Heidentum nicht zu befürchten, nie mehr wird die Sexualität mit
der Religion sich verbinden und die Ethik aus ihr verdrängen. Heute
ist unsere Aufgabe eine andere. Wir müssen das Sexuelle von dem
ihm anhaftenden Fluche befreien, die Welt Iehren, wieder diesen
Trieb a!s natürlich anzusehen und in ihm den gewaltigen Welten-
beweger, den Diener der lebenzeugenden, todüberwindenaen Schöpfer*
kraft zu erkennen. Vor allem aber muß die Erforschung des Sexu-
ellen und seines Einflusses auf das Seelenleben des Menschen von
jedem Makel gereinigt werden. Der Befreier vom Fluche ist die
mutige, vorurteilslose, der Erkenntnis der Wahrheit dienende
Wissenschaft.
Dr. Ludwig Levy
empfunden und hat einen ewigen Fludi zur Folge. Diese Stellung-
nahme war damals eine Notwendigkeit. Denn nur durdi sie wurde
das weltgesdiiditliche Verdienst Israels möglidh, das die Religion
von der Sexualität, mit der sie in den heidnischen Kulten <in den
Frühlingsorgien und der Tempelprostitution) aufs engste verbunden
war, loslöste und die Ethik ins Zentrum der Refigion stellte. Die
Ethisierung des Kultus war ein gewaftiger Fortsdiritt gegenüber
den Vegetations» und Fruchtbarkeitskulten der heidnischen Völker.
Um diesen Fortschritt anzubahnen, mußte der Verfasser derParadies-
gesdiichte und nach ihm die Propheten mit ihrem hohen ethischen
Pathos das Sexuelle auf eine tiefere Stufe herabdrücken. Das Christen-
tum hat diese Tendenz noch verschärft. Seitdem ist der Fludv vom
Sexuellen nicht mehr gewichen, es blieb verfehmt, von Prüderie
gemieden, von Heuchelei umsponnen, von Tartufferie verfolgt und
audi von Wohlmeinenden verkannt. Heute ist ein Rüdcfall in jenes
Heidentum nicht zu befürchten, nie mehr wird die Sexualität mit
der Religion sich verbinden und die Ethik aus ihr verdrängen. Heute
ist unsere Aufgabe eine andere. Wir müssen das Sexuelle von dem
ihm anhaftenden Fluche befreien, die Welt Iehren, wieder diesen
Trieb a!s natürlich anzusehen und in ihm den gewaltigen Welten-
beweger, den Diener der lebenzeugenden, todüberwindenaen Schöpfer*
kraft zu erkennen. Vor allem aber muß die Erforschung des Sexu-
ellen und seines Einflusses auf das Seelenleben des Menschen von
jedem Makel gereinigt werden. Der Befreier vom Fluche ist die
mutige, vorurteilslose, der Erkenntnis der Wahrheit dienende
Wissenschaft.