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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 7.1921

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Róheim, Géza: Das Selbst, [2], Essenz der Dinge: eine vorläufige Mitteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.28545#0181
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Das Selbst

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herauszusAäfen: Bssentia rerunU, das Wesen der Dinge, obwohl mit
beiden verwandt, ist es doch nicht ganz Zauberkraft und nidtt ganz
Seele. Während der Begriff des Mana, der Zauberkraft, mehr an die
Handlungen gebunden ist, haftet das Wesen der Dinge an dem Objekt.
Es ist nebelhaft, nidtt so deutfiA dualistisA wie der Seelenbegriff und
doA sAeint es gerade den Ausgangspunkt des Animismus und Dualis-
mus zu bilden, denn dieses NoA etwas, das außer der siAtbaren Form
an den Dingen der Außenwelt unters Aieden wird, ist eben der Imago,
die endopsyAisAe Realität. Daß es überhaupt untersAieden wird, ver-
dankt es der endopsyAisAen Wahrnehmung einer inneren Spaltung.
In der Natur gibt es zwar nicht die zwei Reiche des Stoffes
und des Geistes, aber unser Innenleben wird von zwei funda-
mentalen Prinzipien beherrscht: Realitätsprinzip und Lust-
prinzip.
Dem Realitätsprinzip wird Genüge getan, wenn der Zulu das
Opfer verzehrt, dem Lustprinzip, wenn das Wesen der Speise zu den
Geistern gelangt. Es sind ja sAon andere, ähnliA umgrenzte Ausdrüdce
im SAwange, so z. B. der ^Emanismus<x, sAneumatismusc Die Begriffe
erreiAt, zerhacken ihn die Himmelsgeister in Stücke und geben sie den Toten. Diese
kochen sich eine Brühe daraus und davon werden sie wieder jung. Joannissiany^
Chaiatianz: Märdien und Sagen. (Armenische Bibliothek.) S. XfV nach Miller:
Ossetinische Studien. Der Eber Sährimnir genügt für die ganze Menge der Seefen,
täglidi wird er gesotten und ist abends wieder hei!. Gyffag. 38. Simrock: Die Edda.
1896. 273. Diese Vorstellung ist an den Brauch in zwei verschiedenen Richtungen
anzulehnen: erstens an den Opferbrauch, der mit dem im Text behandelten Vor^
st^llungskreis zusammenhängt: die Speise wird hingelegt, die Seelen werden satt und
dennoA fehlt vom Essen nichts: dies bedarf einer Erklärung, welAe in Anlehnung an
unbewußte Vorstellungen gefunden wird. Dann hndet sich auch die von Frazer be^
handelte Sitte, dem Gebein der Tiere eine besondere Behandlung angedeihen zu lassen,
wodurch dasWiederauferstehen der Tiere gesichert ist. j.G. Frazer: Spirits ofthe
Com. 1912. II. 256. Die Wiedergeburt geschieht im Mutterleibe, das Los der Seelen ist
den Erfahrungen des Embryos nachgebildet. Dieser nährt sich ja von einem lebenden
Riesentier (die Mutter), welches dennoch nicht alte wird. Die unerschöpfliche Speise
desTisAleindedcdiA^MärAens (eine naturmythologischeDeutung gibt L. Schroeder:
Die Wurzeln der Sage vom heiligen Gral. 1910. Sitzungsber- der kais. Akademie der
Wissenschaften in Wien. Phil.Atistor. Kl. Bd. 166. 2. Abh. 68, woselbst auch weiteres
über unerschöpfliche Speise und Wunschkessel) geht teilweise ebenfalls auf die Ein-
drücke des Intrauterinlebens zurück: es stammt ja von einem kleinen Mann her,
der in einer Nußschale wohnt. (Bo!te = Polivka: Anmerkungen zudenKinder^
und Hausmär Aen. 1. 349.) ln der wotjakisAen Variante befinden siA die Speisen in
einem Ei, in der georgisAen Fassung die prügelnden Männer in einem Kürbis.
(Ebenda I. 358.) Anderseits ist aber hier die Speise auA analerotisA determiniert,
dasTisAleinde&diA ist ja eine Doublette des Goldesels und diese Zaubergaben
stammen ja in vielen Varianten (siehe Aufzählung bei Bolte) vomWinde(—Flatus).
Es würde siA lohnen, den WunsAgegenständen des MärAens eine eigene psyAo^
analytisAe Arbeit zu widmen.
' Den AusdruA habe iA zum erstenmal in der Arbeit »Avaräzseröfogal-
mänak eredete^. (Ursprung des Begriffes der Zauberkraft.) 1914 geprägt: allerdings
mit einer meiner gegenwärtigen Auffassung niAt ganz entspreAenden psyAologF
sAen Begründung. Siehe auch dort einen Teil der Quellen und des Materiales über
Essenz der Speise.
- H. Werner: Die Ursprünge der Metapher. (Arbeiten zurEntwiAlungs-
psydiologie. 3.) 1919. 38.
 
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