Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 7.1921

DOI article:
Róheim, Géza: Das Selbst, [2], Essenz der Dinge: eine vorläufige Mitteilung
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.28545#0182
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
174

Dr. GezaRoheim

Tondi.

»Körperseele«, »Seelenstoff«, »Seelenkräfte« — sagt Karutz —
sind mehr verwirrend als erklärend L aber ich kann wirklich nicht
einsehen, inwiefern wir mit rationalistischen und äußerst dehnbaren
Emanationstheorien psychologisch weiterkommen. ^ Seelenstoff« wäre
noch am ehesten brauchbar, aber niAt im Sinne eines beseelten
Stoffes, sondern eines Stoffes, aus dem der Begriff der Seele ent-
steht. Daß man aber überall, wo Körperteile und Ausscheidungen
eine passiv^ oder aktiv^magisAe Rolle spielen, von Seelenstoff reden
soll, ist unbereAtigt. Uns wäre am ehesten durch einen Ausdrude
aus dem Wortschatz eines primitiven Volkes gedient, weldtes die
Vorstellung in ausgeprägter Weise besitzt,- allerdings läuft man
damit Gefahr, zu sehr nach der Seite des eigentlichen Animismus
abzurüdten: denn eine jede Ausprägung des noch unklaren Begriffes
muß siA, der Natur der Sadie gemäß, in animistisAen Bahnen ent-
wickeln.
Ein solAer Ausdrudc ist das tondi oder tendi,- der uns aller-
dings die versAiedensten Bntwiddungsstufen von den erogenen
Körperzonen bis zu der freisAwebenden Seele vereint zeigt. Der
tondi (bei den Toba-batak) oder tendi (bei den Karo=batak) ent-
spriAt dem Begriff des Seelenstoffes: es wird deutliA von der Seele
als Geist, Gespenst (begu) untersAiedenv Dieser Tendi ist eine
stoffliA gedaAte Lebenskraft, welAe alle Teile des Körpers bewohnt
und welAe nadi dem Tode in andere Wesen übergeht3. Der tondi,
der in den einzelnen Teilen des Körpers wohnt, ist die Ursa Ae,
daß der einzelne Körperteil selbständig fühlt (Organseele). }e mehr
ein Glied vom tondi hat, um so wertvoller ist es, um so sorgsamer
muß es bewahrt werden. Am meisten vom Tondi findet siA im
Kopf, im Blut und in der Leber. Mit dem SAäde! gewinnt der
SAädeljäger den Tondi seines Feindes und aus gleiAem Grunde
trinkt der Krieger vom Blute eben ersAJagener Feinde L NaA einer
Angabe soll es drei tondis geben: zwei im Körper, eines außerhalb
des Körpers verweilend '. Hier haben wir es wohl mit Entwidclungs^
sAüben zu tun: mit dem AnwaAsen des Widerstandes gegen die
ursprüngliA autoerotisAe Einstellung wird der Abstand der ver-
ehrten Seele (»Abstand« soll bildliA verstanden, aber im Raume
projiziert gedaAt werden) vom Körper immer größer. ManAe
spreAen von sieben tondis, das erste und zweite in den Pulsen,
das dritte und vierte im Oberarm, das fünfte im FontaneF, das

' Karutz: Der Bmanismus. Zeitschrift für Ethnologie. 1913. 567.
- j. H. Neu mann: De tendi in verband met Si Dajang Mededeefingen
Nederfandsche Zend. Genootschap. Bd. XLVHf. 1904 ex A. C. Kruijt: Het
Animisme in den indischen Archipef. 1906. 7, 8.
3 W. Vofz: Nord^Sumatra. I. Die Batakfänder. 1909. 329.
^ foh. Warneck: Die Refigion der Batak. (Refigions=Lirkunden der Vöfker.)
1909. 8, 9. Anders jedoA Vofz: !oc. cit. 330.
" B. Hagen: Beiträge zur Kenntnis der Battarefigion. Tijdschrift voor
indische Taai, Land en Vofkenkunde. XXViii. 1883. 514.
^ Vg). W. J. Perry: The Megafithic Cufture of indonesia. 1918. 150.
 
Annotationen