Das Selbst
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einen Schatten-Mann entstehen immer wieder neue SAattem*Leuteb
Diese Doppelgänger und Abbildseelen entstehen ja eigentlich durch
den psychischen Akt der Selbstbeobachtung/ durch die Spaltung des
Individuums in Objekt und Subjekt des Brkennens entsteht eine
Zweiheit. Bei den Olo Ngadju und Olo Dusun heißt die Seele
hambaruan, beziehungsweise amiruä. Rua, ruä, bedeutet in diesen
Spra&en zwei: »See!e« ist also etwa wörtlich übersetzt »Doppel-
gänger«^ Bei den Minahassa heißt die Seele Genosse, Freund", so
wie anderseits in den KulturspraAen Ausdrücke, wie > Seele«
»SeelAen« (slawisch: »dusha«, ungarisch: »lelkem«) liebkosende Be-
zeiAnungen, besonders der Geliebten, sind. Indem man die Geliebte
»meine Seele« nennt, enthüllt man auA die unbewußte Entstehung
der Seelenvorstellung aus der Selbstliebe. Die Zweiheit IA und
Seele entspriAt der Zweiheit IA und Außenwelt, indem wir in beiden
Zweiheiten ein Perzipiertes und ein Perzipierendes untersAeiden, denn
die Seele entsteht, indem ein Teil des Individuums zur Außenwelt ge-
sAlagen, als SAatten projiziert wird und somit eine Brüdce zwisAen
dem Ego und der Außenwelt bildet. Wenn Freud die Vermutung
aufstellt, daß es der Sadismus, also der vom IA abgedrängte Todes-
trieb gewesen sei, der den Libidoströmungen den Weg zur Objekt^
liebe bahnte h so liegt eine Art Bestätigung dieser Hypothese in der
TatsaAe, daß das IA in der Vorstellung der SAattenseele einen
Fühler naA der Außenwelt ausstre&t, einen Fühler, der auA als
eine Personifikation des Todestriebes aufgefaßt werden kann. Auf der
Torresstraße bedeutet mari = Geist, die Seele der Person nadi dem
Tode, aber auA SAatten, Spiegelbild^, und ebenso benützen die
westliAen Insulaner das Wort mar, um damit SAatten, Spiegelbild,
Geist oder Seele zu bezeiAnen, obwohl sie den UntersAied zwisAen
diesen Begriffen sehr gut kennen". Bei den Mafulu hat jedes mensA-
liAe Wesen »during life a mysterious ghostly seif in addition to
his bodily, visible and conscious seif,- and this ghostly seif will on
his death survive him as a ghost«L In Wagawaga gibt es zwei
Wörter für Geist oder Seele: »Jantu«, welAes auA Atem bedeutet
und »Arugo«, d. h. SAatten, Spiegelung. Eine Atemseele, das eigene
liAe aktive Denkprinzip, haben Tiere und Bäume niAt, wohl aber
SAatten und Spiegelungsseelen, welAe ja im Wasser siAtbar werden.
* Spencer and Gillen: The Northern Tribes of Central Australia. 1904.
413, 414. Vgl. Roheim: Spiegelzauber. 116.
- Kruijt: i. c. 12.
Crawley: 115, Kruijt: 1. c. 13.
< S. Freud, jenseits des Lustprinzips. 1920. 51.
3 A. C. Haddon: Cambridge Expedition to Torres Straits. V. 355.
s Haddon: Ebenda. VI. 25. Die Westafrikaner meinen, daß der Mensch
si& in der Früh darum stark und ausgeruht fühlt, weil sein Schatten lang ist.
Wenn sie ihren Schatten nicht sehen, so glauben sie, daß jemand ihre SAatten-
seele gestohlen hat. M. H. Kingsley: West African Studies. 1901. 176. Auch
dem Eskimo erscheint der Schatten als Seele. Das jenseits ist unter dem Wasser,
weil sich die Dinge im Wasser spiegeln. Nansen: Eskimoleben. 1903. 215, 207.
^ Wifliamson: The Mafulu. 1912. 266.
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einen Schatten-Mann entstehen immer wieder neue SAattem*Leuteb
Diese Doppelgänger und Abbildseelen entstehen ja eigentlich durch
den psychischen Akt der Selbstbeobachtung/ durch die Spaltung des
Individuums in Objekt und Subjekt des Brkennens entsteht eine
Zweiheit. Bei den Olo Ngadju und Olo Dusun heißt die Seele
hambaruan, beziehungsweise amiruä. Rua, ruä, bedeutet in diesen
Spra&en zwei: »See!e« ist also etwa wörtlich übersetzt »Doppel-
gänger«^ Bei den Minahassa heißt die Seele Genosse, Freund", so
wie anderseits in den KulturspraAen Ausdrücke, wie > Seele«
»SeelAen« (slawisch: »dusha«, ungarisch: »lelkem«) liebkosende Be-
zeiAnungen, besonders der Geliebten, sind. Indem man die Geliebte
»meine Seele« nennt, enthüllt man auA die unbewußte Entstehung
der Seelenvorstellung aus der Selbstliebe. Die Zweiheit IA und
Seele entspriAt der Zweiheit IA und Außenwelt, indem wir in beiden
Zweiheiten ein Perzipiertes und ein Perzipierendes untersAeiden, denn
die Seele entsteht, indem ein Teil des Individuums zur Außenwelt ge-
sAlagen, als SAatten projiziert wird und somit eine Brüdce zwisAen
dem Ego und der Außenwelt bildet. Wenn Freud die Vermutung
aufstellt, daß es der Sadismus, also der vom IA abgedrängte Todes-
trieb gewesen sei, der den Libidoströmungen den Weg zur Objekt^
liebe bahnte h so liegt eine Art Bestätigung dieser Hypothese in der
TatsaAe, daß das IA in der Vorstellung der SAattenseele einen
Fühler naA der Außenwelt ausstre&t, einen Fühler, der auA als
eine Personifikation des Todestriebes aufgefaßt werden kann. Auf der
Torresstraße bedeutet mari = Geist, die Seele der Person nadi dem
Tode, aber auA SAatten, Spiegelbild^, und ebenso benützen die
westliAen Insulaner das Wort mar, um damit SAatten, Spiegelbild,
Geist oder Seele zu bezeiAnen, obwohl sie den UntersAied zwisAen
diesen Begriffen sehr gut kennen". Bei den Mafulu hat jedes mensA-
liAe Wesen »during life a mysterious ghostly seif in addition to
his bodily, visible and conscious seif,- and this ghostly seif will on
his death survive him as a ghost«L In Wagawaga gibt es zwei
Wörter für Geist oder Seele: »Jantu«, welAes auA Atem bedeutet
und »Arugo«, d. h. SAatten, Spiegelung. Eine Atemseele, das eigene
liAe aktive Denkprinzip, haben Tiere und Bäume niAt, wohl aber
SAatten und Spiegelungsseelen, welAe ja im Wasser siAtbar werden.
* Spencer and Gillen: The Northern Tribes of Central Australia. 1904.
413, 414. Vgl. Roheim: Spiegelzauber. 116.
- Kruijt: i. c. 12.
Crawley: 115, Kruijt: 1. c. 13.
< S. Freud, jenseits des Lustprinzips. 1920. 51.
3 A. C. Haddon: Cambridge Expedition to Torres Straits. V. 355.
s Haddon: Ebenda. VI. 25. Die Westafrikaner meinen, daß der Mensch
si& in der Früh darum stark und ausgeruht fühlt, weil sein Schatten lang ist.
Wenn sie ihren Schatten nicht sehen, so glauben sie, daß jemand ihre SAatten-
seele gestohlen hat. M. H. Kingsley: West African Studies. 1901. 176. Auch
dem Eskimo erscheint der Schatten als Seele. Das jenseits ist unter dem Wasser,
weil sich die Dinge im Wasser spiegeln. Nansen: Eskimoleben. 1903. 215, 207.
^ Wifliamson: The Mafulu. 1912. 266.