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Seite 106

Internationale Sammler-Zeitung

Nr. 12

dadurch eine Einreihung neu dazukommender Siegel
nicht möglich, zum mindesten sehr umständlich und,
durch das häufig nötige Ablösen der Siegel nicht
ohne Gefahr für diese ist. Alle derart geordneten
Siegel sind außerdem unübersichtlich, erfordern be-
sondere Verzeichnisse und können schwer in ein be-
stimmtes praktisches System gebracht werden. Nur
bei kleinen Spezialsammlungen und solchen, die sich
mit den vorhandenen Beständen begnügen, kann
dieses Verfahren gewählt werden. Bei Verkäufen aber
hat der Erwerber solcher Sammlungen dann immer
die Arbeit des Ablösens der Siegel, wenn er sie seinen
bisherigen einverleiben will, und manches Stück wird
dabei beschädigt. Das lose System hat den Nachteil,
daß sich die Siegel leicht verschieben, wenn das Öffnen
der Kästen nicht sehr vorsichtig geschieht, doch ist
dies sicher das kleinere Übel. Manche Sammler helfen
sich durch leichtes Befestigen der Siegel mittelst
Klebepapier.
Über eine gutgepflegte Siegelsammlung muß ferner
ein Verzeichnis angelegt werden, welches neben der
Nummer die möglichst genaue Bezeichnung des Stückes
enthalten soll. Der Wert eines solchen Kataloges
wird erhöht durch gute Siegelbeschreibungen, genealo-
gische und heraldische Notizen usw. Bei Beschrei-
bungen sind mindestens nötig: Name, Vorname, Stand
des Siegelinhabers sowie Geburt- und Sterbedatum,
dann Angaben über die Art (hierbei kann das Hohen-
lohesche Klassifikationssystem zugrunde gelegt werden,
den Stoff, die Größe und die Umschrift des Siegels,
ob Original, ob Gipsabdruck oder Lackabdruck usw.
Die genealogischen und heraldischen Mitteilungen
richten sich natürlich nach dem, was über die einzelnen
Siegel ermittelt werden kann, und nach dem Umfang,
den der Besitzer seinem Katalog geben will. Wie
bei allen derartigen Sammlungen ist natürlich auch
hier ein Zettelkatalog das Idealste.
Siegel, die alphabetisch chronologisch gelegt sind,
müssen der Kontrolle wegen numeriert werden; wenn
sie außerdem einen kleinen Zettel mit Namensangabe
tragen, so trägt dies wesentlich zur Übersichtlichkeit
und raschen Orientierung bei. Papier- und kleine
Lacksiegel sowie alle brüchich gewordenen oder sonst
empfindliche Siegel klebt man am besten auf ent-

sprechende Kartonblättchen auf, das etwas vorsteht
und die Nummer und die Bezeichnungen aufnehmen
kann. Wertvolle Wachssiegel kann man in kleine
offene Pappschachteln legen. Von den an Urkunden
hängenden Siegeln macht man Abgüsse und reiht
diese in die betreffende Abteilung ein. Wo man die
Wahl hat, suche man sich immer die besterhaltenen und
schärfsten Abdrücke aus. Originalsiegel sollten immer
möglichst für sich geordnet und untergebracht werden.
Selbstverständlich ist eine möglichst staubsichere
Unterbringung der Sammlung, beziehungsweise gründ-
liches öfteres Reinigen derselben nötig, denn Staub
ist ein nicht zu unterschätzender Feind der Siegel.
Überhaupt sorge man für häufige Lüftung und Licht.
Sammlungen von Siegesstempeln können chrono-
logisch alphabetisch oder auch nach den Inhabern
alphabetisch geordnet werden. Zu jedem Stempel
legt man einen Abdruck in rotem Siegellack und einen
Zettel mit Nummer und Namen. Natürlich müssen
die Stempel gut gepflegt werden und trocken liegen,
damit sie nicht rosten oder grünspanig werden. Öfteres
Polieren, eventuell Einfetten empfiehlt sich. Als Muster
für die Aufbewahrung und Anordnung einer größeren
Sammlung kann die Warn eck esche Sammlung im
Germanischen Museum zu Nürnberg dienen..
Über größere Stempelsammlungen legt man einen
Katalog an. Der Stoff, aus dem die Stempel ange-
fertigt sind, sowie die Zeit ihrer Anfertigung, der
Stecher, wo dies ermittelt werden kann, ist anzugeben.“
Ebenso gründlich wie dies Kapitel ist auch das
nächste über die Anfertigung von Siegelabgüssen. Der
Verfasser gibt da zwei Methoden an, die allerdings
etwas unverständlichere des kürzlich verstorbenen
Freiherrn Alexander von Dachenhausen und die
unseres bedeutendsten Heraldikers und großzügigen
Sammlers Professors Otto Hupp in Schleißheim, nach
denen beide viele tausend Siegelabgüsse angefertigt
haben.
Eine willkommene Ergänzung des Inhaltes bieten
die vielen Abbildungen, die zum größten Teile nach
Originalen und Abgüssen aus der Sammlung des
Verfassers reproduziert sind. Siegelsammler werden
nach diesen Andeutungen wissen, was für einen treff-
lichen Behelf sie in Berchems Werkchen erhalten.

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Die Sammlung Franz Thill.

Nach der Viennensia-Sammlung Bermann, die
naturgemäß nur für einen eng umschriebenen Kreis
von Liebhabern in Betracht kam, bringt das Doro-
theum als piece de resistance der Saison eine Sammlung
zur Versteigerung, die über Wien und Österreich hinaus
großem Interesse begegnen wird.
Die Sammlung des Kommerzialrates Franz Thill,
um die es sich handelt, umfaßt in der Hauptsache
Kunstgewerbe der Gothik und Renaissance.
Die Gegenstände, die größtenteils zum kirchlichen
Gebrauche bestimmt waren, reichen in ihrer Ent-
stehung bis ins 13. Jahrhundert zurück. Unter den
Holzwerken und Reliefs ist das kunsthistorisch interesan-
teste ein wahrscheinlich süddeutscher Altarflügel
aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, der auf
der Vorderseite einen stehenden Heiligen in ritterlicher
Tracht zeigt, während die Rückseite mit der Messe des
heiligen Gregor und dem Begräbnisse eines heiligen
Bischofs bemalt ist.

Die Kirchengewänder fallen durch die großartig
erhaltenen Stickereien aus dem 15. und 16. Jahrhundert
auf, die Leder arbeiten, darunter Behälter für Kirchen-
geräte und ein Reisekoffer aus dem 16. Jahrhundert,
zeichnen sich durch eine tadellose Schnittarbeit aus.
Von ausnehmender Schönheit sind die Kassetten und
Behälter, darunter die bereits höchst selten gewordenen,
in Privatsammlungen fast nicht mehr anzutreffenden
Venezianer oder Florentiner Arbeiten. Zwei Pastiglia-
kassetten in Truhenform, aus Holz geschnitten und mit
reichster Ornamentik, sind sehr gut erhalten, ebenso
eine Lederkassette venezianischer Art; weibliche Figuren,
in bunter Lackmalerei ausgeführt, und eine Elfenbein-
kassette aus dem 13. Jahrhundert sind wegen ihrer
auf Goldgrund gemalten Figuren bemerkenswert.
Eine besondere, zwar kleine, doch durchaus ge-
wählte Abteilung bilden die Gegenstände aus Stein-
zeug und die Kacheln, Hier finden die Sammler Kur-
fürstenkrüge, Bartmannskrüge, Kreussener und
 
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