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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
10. Jahrgang. Wien, 15. Mai 1918. Nr. 10.

Vom Münzensammeln und etlichen Beobachtungen dabei.
Von Michelangelo Baron Zois (derzeit Villach).

Ich weiß nicht warum, wieso, aber schon als Knabe
hatte ich mir einmal in den Kopf gesetzt, Münzen zu
sammeln. War es mein historischer Sinn, der mich
dazu trieb, war es das Vergnügen an den kunstvollen
Geprägen alter Münzen, ich weiß es nicht. Jedenfalls
begann ich mit ziemlich viel Eifer zu sammeln, kam
aber bald mit meiner zweiten großen Leidenschaft,
nämlich den Büchern, und meinem Portemonnaie ins
Gedränge, worauf nach kurzem Kampfe, nachdem
die Leidenschaft für Bücher gesiegt hatte, die
Münzen, in ein Kästchen verpackt, in einer Schublade
verwahrt wurden, und meine Bücherei einen ,,be-
deutenden“ Aufschwung nahm.
Dann kam allerlei dazu — Sport, „Amt und
Würden“, Familie, immer stärker weidendes Interesse
an der Kunst, das sich schließlich zu einer erneuten
Inskription auf der Hochschule in Wien und dem Plan,
auf die alten Tage, das Doktorat in Philosophie zu
erringen, verdichtete. Und so saß ich denn fleißig in
Vorlesungen, studierte allerlei, besprach mit den viel
jüngeren Kollegen dies und jenes, suchte bald auf dem
Gebiete der Architektur, dann auf jenem der Plastik,
dann jenem der Malerei ein passendes Dissertations-
thema. Dabei streifte mein Auge mancherlei Sachen,
um schließlich zu bemerken, daß ein großes, sehr
großes Gebiet noch so gut wie gar nicht kunsthistorisch
ausgebeutet war, das der Münze. So trachtete ich mich
auf dem Gebiete der Münzkunde zu orientieren, sah
aber bald, daß hier in diesem Belange so viel sei, das
die Arbeit die Kraft eines, notabene nicht mehr jungen
Mannes bedeutend übersteige. So ließ ich das Thema
als Dissertationsthema wieder fallen, aber die alte
Liebe war wieder erwacht. Kurz entschlossen belegte
ich die numismatischen Übungen des jetzigen Hofrates
Professor Kubitschek, und wurde so von einem der
kompetentesten Kenner in das Fach eingeführt, das
niicli bald immer mehr fesselte und mich neuerlich
zum Sammler machte.
Es- ist klar, daß man mit solchen Vorbedingungen
nicht ein gewöhnlicher Feld-, Wald- und Wiesensammler
wird, daß man sich sehr bald ein Ziel aussucht, auf
das man losgeht. Nun, meines war bald gefunden.
Ich wollte mir zu meinem Privatgebrauche eine Ge-
schichte der Entwicklung der römischen Reliefkunst
zur Kaiserzeit anlegen, so weit sich diese Entwicklung

in den Münzen zeigt, eine Aufgabe, die nicht so hoch
gestellt ist, daß sie nicht auch von einem Sammler
mit bescheidenen Mitteln gelöst werden könnte.
Leider aber zog ein Interesse das andere nach sich.
Ein Zufall brachte mich zu einer eigenen Ansicht über
das Münzwesen eines ganz bestimmten römischen
Kaisers, eine Ansicht, die sich aus seinen Münzen heraus
beweisen lassen muß. Ergo sammle ich ihn in der be-
treffenden Sorte speziell.
Dann aber erregten, auch von der Kunstgeschichte
ausgehend, die byzantinischen Münzen mein Interesse.
Auch hier fand ich in Hofrat Kubitschek wertvolle
Anregungen und Unterstützungen, und stürzte mich
also in das Sammeln der byzantinischen Münzen.
Lieber Leser! Hast du schon einmal byzantinische
Münzen gesehen ? Hoffentlich nicht! Denn wenn das
der Fall sein sollte, so wirst du es nicht verstehen, wie
ein Mensch, der auch Römer sammelt, sich mit diesen —
es gibt bei aller Liebe keinen anderen Ausdruck —
Scheußlichkeiten abgeben kann, die auf miserabel
hergerichteten, manchmal dreifach überprägten Schröt-
lingen Zeichen tragen, die man für Schriftzeichen,
Botokudenkunst, aber nicht für Porträts berühmter
Kaiser halten kann. Bei Goldmünzen ist es besser —
aber kann ein Staatsbeamter, Familienvater, Gold-
münzen sammeln ? Ergo, sammle ich byzantinische
Bronze, die nicht selten und noch nicht völlig erforscht
ist. In meiner kleinen Sammlung sind schon etliche
Dingerchen drin, die das berühmte British Museum
nicht hat, und zudem ist sie langsam die allerdings
noch lange nicht vollständige Fortsetzung der Samm-
lung römischer Münzen geworden; denn beide sollen
die kunstgeschichtliche Entwicklung widerspiegeln.
Leider ist es bei den Byzantinern recht schwer, die-
selbe herauszubekommen, da sie eben zumeist so roh
hergestellt sind, daß man kaum überhaupt von einem
Kunstvollen sprechen kann. Es sind — ich möchte
fast sagen — von ungeübter Hand gekratzte Stempel,
die künstlerisch zumeist kaum einen Vergleich mit den
anderen Werken derselben Zeit aushaltem. Immerhin,
einige interessante Tatsachen lassen sich feststellen,
deren Publikation ich mir vorbehalte.
Der Krieg brachte eine jähe Unterbrechung dieser
Tätigkeit und führte mich nach Kärnten. Dort sah
ich bald ein, daß es mit dem Sammeln von Römern
 
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