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Internationale
^ammler-Zafunfl
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
10. Jahrgang. Wien, 1. September 1918. Nr. 16.
Kriegssammler und -Sammlungen.
Von Michelangelo Freiherrn von Zois (Villach).

Die Ausdrücke sind natürlich so ungeschickt
wie nur möglich. Denn Kriege sammelt bestimmt
niemand. Man hat an dem einen, den wir eben mit-
machen, gerade genug. Höchstens, daß sich ein Diplomat
eine Sammlung von Kriegserklärungen anlegen könnte,
eine Sammlung, die interessant sein und unsere geo-
graphischen Kenntnisse wesentlich erweitern könnte.
Aber, man weiß, was ich meine. Daß nämlich die
Leidenschaft des Mannes, der Aktualitäten sammelt,
auch vor dem Weltkriege nicht Halt gemacht, ja,
daß sich sogar ein eigener Typus herausgebildet hat,
der in erster und nicht in einziger Linie Dinge erwirbt,
die mit dem Kriege im Zusammenhänge stehen, und
nicht nur das, die Spezialisierung geht ziemlich weit,
und so kommt es, daß die Anzahl der Kriegserinnerungs-
sammler bereits Legion ist, daß man diese Art Sammler
überall, selbst in den entlegensten Nestern findet.
Es gibt kaum ein Ding, das nicht gesammelt würde,
kaum ein Gesichtspunkt, unter dem sich nicht allerlei
Gegenstände zusammentragen ließen, und diese Sätze,
die allgemein gelten, finden auch auf die Kriegs-
sammler Anwendung, so daß man vor der Fülle der
Erscheinungen fast ratlos dasteht, und nicht mehr
Weiß, was man anfangen soll.
Zuerst müssen gewisse Anstalten erwähnt werden,
die trachten, den ganzen Weltkrieg in ihre Kasten
Zu fassen. Es sind das nicht bloß das Heeresmuseum
’n Wien, sondern auch zahlreiche Lokahnuseen, die
bestrebt sind, all das Züsammenzubringen, was der
Krieg für ihr Land, ihren Ort bedeutungsvoll gemacht
hat, die also, von den Proklamationen angefangen
bis zum erbeuteten Kriegsgerät, den Porträts der
Heerführer, den Listen der Gefallenen, alles an sich
ziehen, was sie erreichen können. Es wird nur selten
Lrivatsammler geben, welche die Mittel und die Unter-
stützung haben, diesen Anstalten gleichzutun.
Im Anfänge, als man noch mit einer kurzen
Kriegsdauer rechnete, mag ja mancher den Versuch
gemacht haben, Granatzünder, Infantei.emunition,
Kriegsberichte, Ansichtskarten, Feldzeitungen, Geschoß-
splitter, Kappenabzeichen, Rosetten und Embleme
der verschiedensten Art zusammenzutragen. Aber je
langer der Krieg dauerte, um.so mehr mußte er be-
dauern, daß sein Programm undurchführbar sei, daß
aus dem allem eine Trödlerbude, aber keine Sammlung
Werden könne, und so vollzogen sich mehr oder weniger
reinliche Scheidungen, die aber sich oft noch als un-
zulänglich erwiesen und zu neuen Unterabteilungen,

zu weiteren Einschränkungen des Sammelgegenstandes
führten, zumal bei uns in Österreich, wo ja den Sammlern
nicht so viel Antrieb geboten wird, wie etwa in Deutsch-
land. Denn schon jene, die, etwa von der Numismatik
kommend, die Absicht hatten, die während des Krieges
neuentstehenden Gepräge zu sammmeln, sahen sich
vor die Frage gestellt, ob sie auch die Kappenabzeichen
in ihre Serie aufnehmen sollten, eine Frage, die für
einen ordentlichen Sammler nicht so einfach zu be-
antworten ist. Anfangs gabs denn auch wenige, plötzlich
aber schwollen sie zu einer wahren Sintflut an, gute,
sehr gute, schlechte, eckige, runde, kleine, große, in
allerlei Metallen und Ausführung, mit Email, in ver-
schiedenen Farben, von Armeen, Korps, Divisionen,
von Regimentern, von Abschnitten, zur Erinnerung
an Waffentaten, mit Emblemen, Porträts, Landschaften,
symbolischen Darstellungen, einfach, reich und über-
laden. Einer meiner Bekannten hat mir im Herbst 1917
gestanden, daß er deren 800 besitze und dabei sei die
Sammlung unvollständig.
Wer die Sammlung der vom Kriegshilfsbureau
herausgegebenen Gegenstände besitzen möchte, muß
auch ordentlich in die Tasche greifen, und wer noch
die verschiedenen, in Deutschland hergestellten Ge-
präge und Gußmedaillen (zum Beispiel die reizenden
von Ebbinghausjbesitzen will, muß ein gut gefülltes
Portemonnaie sein eigen nennen.
Immerhin ist die Gruppe der aus Metall herge-
stellten Gegenstände, die auf den Krieg Bezug haben,
noch ziemlich übersehbar, selbst wenn man noch
eigene und fremde Waffen, Ausrüstungsgegenstände
und Kampfmittel in Betracht zieht, was dazu führt,
eine Trennung der Gegenstände, der Übersicht halber,
nach den Grundstoffen zu versuchen. Auch jene Gruppe
der Objekte, welche aus Textilien hergestellt sind,
ist nicht gar zu groß. Denn sie umfaßt nur Monturen,
Vivatbänder, patriotische Maschen, Schleifen und
Fahnen, eventuell auch Sacktücher mit den Köpfen
von Feldherren und dergleichen.
Größer dürfte die Gruppe der Keramiken und Stein-
arbeiten sein. Auch hier finden wir Porträts, Figuren,
Pfeifenköpfe mit verschiedenen Darstellungen (so
haben die Kärntner freiwilligen Schützen einen eigenen
Porzellanpfeifenkopf), Mörser, dann aber die unab-
sehbare Menge der nichtoffiziellen Kriegshausgreuel,
von der Porzellangranate, die als Blumenvase dienen
soll, bis zum Säuglingsinfanteristen, der schon gegen
den Feind zielt, und das komplette Waschservice mi
 
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