Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Internationale
$ammler2effuiifl
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

10. Jahrgang. Wien, 1. Juni 1918. Nr. 11.

Hodler und die deutschen Sammler.

Von Lothar Brieger (Berlin).

Mit dem Tode Ferdinand Hodlers tritt eine der
sachlich interessantesten Strömungen im deutschen
Kunstsammeln moderner Werke in ein neues Stadium.
Das Wachsen von Hodlers Weltruhm ist zu einem guten
Teil dem Interesse und der praktischen Förderung zuzu-
schreiben, die ihm der deutsche Kunstmarkt in den
anderthalb Jahrzehnten vor
dem Kriege angedeihen ließ.
Bei uns ist Hodler außer-
halb der Schweiz zum ersten
Male auf einer großen Aus-
stellung repräsentativ ver-
treten gewesen. Als die alte
Sezession noch ihr kleines
Haus am Theater des Westens
hatte, erregte hier Hodlers
Teil bi Id zum ersten Male
die allgemeine Aufmerksam-
keit, die dem großen Maler
sei.d m bis zum Kriege treu
blieb. Hcdlers Gemälde und
seine Graphik gehörten zu
den begehrtesten Werken des
deutschen Kunstmarktes. Die
deutsche Schätzung von
Hc dlers Werk erreichte ihren
Höhepunkt in dem offi-
ziellen Auftrag, der ihn mit
der Schaffung des Freiheits-
bildes der Universität Jena
betraute, und in dem großen
Monumentalwerke, dis der
Münchenei Verlag von R.
Piper über. Hodlers gesamtes
Schaffen zu veröffentlichen
beabsichtigte.
Als Hodler jene Torheit
beging, in der ersten Auf-
wallung den französischen Kathedralenaufruf zu unter-
zeichnen und damit gegen Deutschland Stellung zu
nehmen, konnte eine derartige feindliche Haltung eines
gerade durch deutsches Interesse stark geförderten
Künstlers unmöglich ohne Rückwirkung in Deutschland
bleiben; die Universität Jena und die deutschen Kunst-
sammler nahmen eine entscheidende Stellung gegen
Hcdler ein. Zweifelsohne bleibt ein künstlerisches

Werk immer auf der Höhe seiner Bedeutung, mag sein
Schöpfer Anschauungen und politische Überzeugungen
welcher Art immer haben. Auf der anderen Seite aber
ist es nur zu verständlich, daß bei uns das Interesse
für Hodler durch sein Vorgehen eine Abkühlung er-
fuhr, die sich in Deutschland in einem jähen Sturz
der Preise äußerte. Waren
früher Gemälde Hodlers in
Deutschland mit den denk-
bar höchsten Preisen bezahlt
worden, so gelangten nun
mit einem Male viele Hodlers
auf den Markt und fanden so
gut wie gar kein Angebot.
Als ein Vorspiel hierzu
konnte man bereits den Preis
von M 935 für eine kleine
Landschaft des Malers be-
trachten, d ir am 4. April 1916
bei Lepke .in Berlin gezahlt
wurde. Aber auch die
Sammlung Schmeil im Okto-
ber desselben Jahres bei
Cassirer bewies, wie sehr die
Hochschätzung Hcdlers nach-
ließ. Drei seiner Land-
schaften erreichten hier Preise
von ungefähr M 12.000,
7000 und 800. Bilder, deren
Preise sich vor dem Kriege
wohl um M 30.000 herum
bewegt Jiätten. Und die
Nachfrage nach Hodler ließ
immer mehr nach. Ein
Käuferinteresse war so gut
wie nicht mehr vorhanden.
Im Februar 1917 stiegen
auf einer Auktion bei
Helbing in München die „Spanische Tänzerin“
auf M 2350, der „schwörende Landknecht“ auf M 3600,
die „Morgennebel über dem Genfer See“ auf M 3700,
„Die Stockhornkette" auf M 1700. Das waren Preise,
die im Verhältnis zur Auktion Schmeil im Laufe eines
Jahres ein weiteres kolossales Sinken des Interesses
für Hodler kennzeichnen. Und es ging im übrigen
Kunsthandel nicht anders als auf den Auktionen.


Fig. 1.
Nicolaes Maes, Damenbildnis.
(Galerie Gaston v. Mallmann.)
 
Annotationen