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Internationale
^ammter2ßifunfl
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
10. Jahrgang. Wien, 1. Oktober 1918. Nr. 18.

Wahle (Prag).
oder Priestermantelschließen und eine eigenartige
Sammlung von Schuhschnallen. Neben diesen schimmert
der matte Glanz des Perlmutter knöpf es, der, geschnitten
mit Straß, Glas oder Metallauflage variiert, manch
ein Galakleid des 18. Jahrhunderts ebenso schmückte
wie die wundervollen, hohe Technik und Kunstfertigkeit
verratenden gestickten und kunstvoll umsponnenen
Knöpfe derselben Epoche. Nicht minder reizvoll und
eigenartig sind die verschiedenen Kleiderverschlüsse
und zugleich Schmuckmittel der reichen ungarischen
Magnatentracht, die derselben Epoche angehören. Die-
selben eben namhaft gemachten Momente werden
auch an der Volkstracht geltend, die, aus .der Mode
des 18. Jahrhunderts hervorgegangen, den Knopf
als Verschluß- und Schmückmittel besonders betont
und in der Nebeneinanderordnung dieser den verschie-
densten Volkstrachten angehörigen Verschlußformen
eine vergleichende Völkerkunde in gegenständlicher
Darstellung bietet.
Das heraufziehende 19. Jahrhundert, kühler und
nüchterner als die vorangehende Zeit, gefällt sich zum
Beispiel in einer auffälligen Bevorzugung des Stahles,
bis die Zeit der Freiheitskriege das bisher wenig be-
achtete Eisen an führende Stelle rückt, wie die reiz-
vollen Formen jener Epoche verraten, die zum erstenmal
an die Opferfreudigkeit des Volkes unter der Losung
„Gold gab ich für Eisen“ appellierte, eine Losung, die
später in den siebziger Jahren und in den ersten Jahren
des gegenwärtigen Krieges erneut wieder auflebte.
Ebenso hinterließ auch die pompöse und farbenfreu-
dige Zeit des Empire in den Kleiderverschlußmitteln
ihre Spuren, wie eine Reihe von wunderschönen Spangen
auf blauem Emailgrund mit Bronzeauflage beweisen.
Eigenartiges in Technik und Durchführung zeigen auch
die Zunft- und Jagdschließen, während die für die
Damenmode der dreißiger bis fünfziger Jahre so charak-
teristischen Gürtelschließen schon das Fabriksmäßige
ihrer Entstehung verraten, obzwar uns auch hier noch
genug des Schönen und Eigenartigen begegnet.
Je weiter das neunzehnte Jahrhundert vorwärts
schreitet, um so schablonenmäßiger erscheinen uns heute,
rückschauend betrachtet, seine Erzeugnisse. Waren
früher Form und Material durcheinander geadelt,
gehoben worden, so wird jetzt gerade nach dieser
Richtung hin viel gesündigt. Ersatzmaterialien-Schema-
formen, bis zu Ende der neunziger Jahre jene Bewegung
einsetzt, die wir heute schlechtweg als Reform des
Kunstgewerbes bezeichnen und die auch die in das

Kleiderversclilüsse aller Arten und Zeiten.
Von Dr. Paula
Jahrzehnte kostümgeschichtlicher Forschung sind
ari dem verschlußtechnischen Teil des Gewandes,
pT Knopf und seinen vielgestaltigen Vertretern, acht-
es vorübergegangen, haben seiner kaum erwähnt, bis
«Un, mitten im Waffenlärm des zweiten Kriegsjahres,
*j*er Großindustrielle Heinrich Waldes in seinem
rmopfmuseum in Prag-Wrschowitz eine Freistatt
,°t und damit ein Kulturinstitut begründete,
dem namhafte Forscher Anerkennung nicht versagen.
^War hat es auch an Skepsis nicht gefehlt, doch sie
Wrde zum Sporn, und so hat das Knopfmuseum,
d^s dieser Tage der Prager Öffentlichkeit zugänglich
Vniacht wurde, eine reiche Fülle von Schätzen zu
2eigen. Und jedes einzelne Stück, so klein und scheinbar
Unbedeutend es sein mag, weiß uns die Geschichte
Seiner Kultur zu berichten, ist mit ein Ausdruck der-
selben und läßt uns fühlen, mit welchen feinen, unsicht-
baren Fäden wir Gegenwartsmenschen, die wir auf
Unsere Kultur so stolz sind, mit derjenigen unserer
Alt vorderen Zusammenhängen. Ob wir nun den
jnochcnpfriem der Pfahlbauzeit betrachten oder die
^ein- und Bronzenadel prähistorischer und historischer
Zyt, die Kahnfibel und die griechische Schlangenfibel
°der die reichgestaltige römische Fibel der ausklin-
Senden Kaiserzeit, als Rom die Welt beherrschte und
uht ihr den. Weltmarkt: allüberall finden wir Anklänge
an unsere Epoche, von denen Jahrhunderte der Ent-
wicklung die Brücke bilden zu uns. Mahnt uns die
■?ron.zenadel an unseren primitivsten Kleiderverschluß,
pe Stecknadel, so ist die Vielgestaltigkeit der Fibel der
direkte Vorläufer unserer Sicherheitsnadel, des mo-
dernen und stetig neuvariierten Kleiderverschluß-
Jddtels der Gegenwart. Und weiter durch die Jahr-
hunderte zurück oder aufwärts finden wir solche
Anknüpfungspunkte. Und wo wüßte Frau Mode die
dicht zu finden ?
... Parallel mit diesen eben genannten Verschlußmitteln
duft bereits die Entwicklung des Knopfes in Form
des nietenförmigen Doppelknopfes und des als Würde-
abzeichen verwendeten Tutulus. Aber auch Aegypten
Jennt, neben den mannigfachen Schnurbindungen,
den Knopf, wie ein von Forrer in Achmim-Panopolis
aUsgegrabenes Ärmelstück einer römisch-byzantinischen
Tunika beweist.
Wertvolle und interessante Formen von Silber-
Und Metallarbeiten bilden die Wehrgehänge des 17. und
A Jahrhunderts und ihre Verschlußmittel ebenso
wie die reichen, mannigfaltigen Formen der Pluvial-
 
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