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Seite 154

Internationale Sammler-Zeitung

Nr. 18

Sammelgebiet unseres Museums fallenden Objekte
vielfach wieder auf eine geschmacklich höheres Niveau
gebracht hat. Je näher der Gegenwart, um so er-
freulicher sind die Ergebnisse dieser Bestrebungen,
von denen in jüngster Zeit besonders jene der Wiener
Werkstätten, der beiden Prager kunstgewerblichen
Werkstätten, der Vereinigten Münchener Werkstätten,
der Schule Raimann in Berlin das Interesse weiterer
Offentlichkeitskreise auf sich zogen. So steht zu er-
warten, daß nach Wiedereintritt normaler Verhältnisse
auch die fabriksmäßige Erzeugung, von den vorer-
wähnten Bestrebungen in dankenswerter Weise an-
geregt, in geschmacklich höhere Bahnen lenken wird.
Aber das neue Museum will mehr sein als eine
Sammelstätte von Kulturdokumenten, es will als ein

werktätiger Mitarbeiter an den Problemen der Gegen'
wart auch eine praktisch gemeinnützige Tätigkeit
entwickeln, wie die eben zur Ausstellung gelangt®11
besten prämiierten Lösungen des unter dem Protek'
torate Seiner kaiserlichen und königlichen Hohe11
Admiral Erzherzog Karl Stefan stehenden Preis-
ausschreibens zur Schaffung von Kleiderverschlüssen>
beziehungsweise Kleidungsstücken für Armamputiert®
beweisen.
Eine für den Laien schier unübersehbare Füll®
von Einsendungen hat, zweckentsrpechend gesichtet
manch schöne Ergebnisse gezeitigt, die demnächst
in Form eines Leitfadens für Armbeschädigte d®11
weitesten Kreisen der Kriegsbeschädigten zugängli®11
gemacht werden sollen.

Erstdrucke des 18. und 19. Jahrhunderts.


Daß die deutschen Buchfreunde die Buchkunst
ihrer Gegenwart in allen Erscheinungsformen mit
Eifer pflegen, ist durch die hohen Versteigerungs-
zahlen der letzten Jahre auch weiteren Kreisen be-
kannt geworden. Viel weniger dagegen wissen die
Außenstehenden, in wie hohem Maße ein anderes
bevorzugtes Sammlungsgebiet, das der Urausgaben
deutscher Dichtung des 18. und 19. Jahrhunderts,
sich der allgemeinen bibliophilen Teilnahme erfreut.
Und doch ist es gerade dieses Gebiet, auf dem sich der
Aufschwung der deutschen Bibliophilie im 20. Jahr-
hundert vollzog. Es braucht nur an die Auktionen
Runze-Zolling, Müller, Deneke, Woff usw. mit ihren
„neuen“ Preisen erinnert zu werden, um darauf hin-
zuweisen, daß die Liebe der deutschen Büchersammler
zu ihrem heimischen Schrifttum sich durchaus nicht
auf ’ die von vielen dafür gehaltenen Äußerlichkeiten
des schönen Buches beschränkt, daß auch die Erst-
drucke des deutschen Schrifttums als dessen Denk-
mäler, als kostbare Literaturdokumente, schon lange
Jahre vor Kriegsbeginn nach ihrem vollen Werte
gewürdigt wurden. Allerdings gelangen geschlossene
'Sammlungen dieser Art nicht gerade häufig auf den
Büchermarkt. Sie sind das Ergebnis langsamer Sammel-
arbeit, ihre Seltenheiten bieten sich auch dem frei-
giebigsten Käufer nicht alle Tage an, sind meistenteils
„in festen Händen". So darf dje Versteigerung einer
Bücherei wie derjenigen, die am 28. und 29. Oktober
bei Paul Graupe in Berlin aufgelöst wird und die
ihrem Range nach sich den eben erwähnten großen
Sammlungen anreiht, von den Buchliebhabern als ein
ungewöhnliches Ereignis betrachtet werden. Gibt sie
ihnen doch mit ihrer Fülle gesuchter Stücke, die meisten-
teils auch in ihren alten ersten Einbänden erhalten
sind, die vielfach gewünschte Gelegenheit, die eigenen
Bestände zu ergänzen und zu erweitern.
Man müßte schon einen großen Teil des Verzeich-
nisses ausschreiben, wollte rnan hier alles anführen,
was bemerkenswert erscheint, zumal ja nicht allein
die großen Stücke, die freilich zu der nun einmal ver-
langten Vollständigkeit gehören, die Büchersammler
reizen. Deshalb seien wenigstens einige Hauptnummern
der langen Liste genannt, gewissermaßen als Richt-
punkte in dem alles gleichmachenden Alphabet der
Katalogordnung.

Das Dreigestirn unserer klassischen Literaturepoch®
— Lessing-Goethe-Schiller — erglänzt auch von eine111
bibliographisch-bibliophilen Standpunkt aus betrachtet
in hellstem Lichte. Zumal die unter Goethes Nam®11
bekannten Kostbarkeiten und Seltenheiten bieten
eine Auswahl alles dessen, was Bücher den Sammler11
begehrenswert und teuer macht — von dem dur®11
der Zeiten Ungunst vernichteten Flug- und Zeitung5'
blatt bis zum kostspieligen Prachtwerk, von dem nicht
in den Handel gekommenen Privatdruck bis zu del
durch Ersatzblätter, Nachdrucke usw. über Gebüh1
vervielfältigten Auflage, aus deren Masse es den echten
Druck hervorzuheben gilt. Unter den Gesamtausgaben
der Goetheschen Werke ist vor allem die der „Schriften,,
(Leipzig, Göschen, 1787—90) und der „Neuen Schriften
(Berlin, Unger, 1792—1800) in gleichmäßigen, schönen
Ganzlederbänden zu nennen. Zwar sind weder die in
einer großen Auflage gedruckten „Schriften“ noch dj®
„Neuen Schriften“ an. und für sich selten, aber di®
Vereinigung der beiden innerlich eigentlich zusammen'
gehörenden Folgen der ersten berechtigten Ausgab®
von Goethes Werken in einer altgebundenen Reihe ist
um so seltener. Freilich trägt auch, das Exernpb®
Dalbergs Exlibris, führt also durch seine. Herkum
unmittelbar in den Lebenskreis zurück, dessen Mittel'
punkt Goethe war. Ein Gegenstück dazu ist die „A®1®'
gäbe letzter Hand“ der Werke (Stuttgart, Cot,ta>
1827—1842) in der sogenannten Großoktavausgab®
und in reichverzierten Lederbänden ihrer Zeit. Au®11
diese Ausgabe ist an und für sich keine Seitenheib
Daß aber in einer Zeit, in der schon reichverziert®
einzelne Lederbände deutscher Bücher nicht gerad®
häufig waren, ein Vorbesitzer dieses Exemplares si®*1
alle sechzig Bände so kostbar binden ließ, macht ®s
vielleicht zu einem Unikum.. Von den Einzeldruck®11
Goethescher Werke gehören die Erstausgabe d®
„Goetz“ (1773) und des „Werther“ (1774) schon d®S'
halb zu den wertvollsten, weil der Dichter selbst aU
ihrer Herausgabe den persönlichsten Anteil nahm, wora®
er es bekanntlich in seinen späteren Lebensjahren d®
öfteren fehlen ließ. Der „Goetz“ (in der 2. Auflag®)
mit dem Erstdruck des „Clavigo“ findet sich au®11
in einem fast sagenhaften Sammelwerke, den vier b®1
Eichenbergs Erben, in Frankfurt a. M. 1780 heraus'
gekommenen Bänden, die unter dem Titel ,,Schaü'
 
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