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Seite 178

Internationale Sammler-Zeitung

Nr. 21

gonautenlandung in den zwei Küstenstädten wäre ja
leicht herstellbar. Selbstverständlich handelt es sich
hierbei nur um Vermutungen, wie ja selbst Vater
Homers Persönlichkeit, und auch der hochpoetische
naturwahre Inhalt seiner Epen „Ilias“ und „Odyssee“,
geschichtlich ungeklärt sind.

Zweck dieser Zeilen aber war nur, darauf hinzu-
weisen, welch werbende, warme Geschichtlichkeit aus-
strömende Kraft selbst einem schlichten, schmucklosen
Griechendenar innewohnt, wenn man nur versucht,
ihm durch hineingetragene Reflexion geistige Feuer-
funken zu entlocken.


Die Dubletten der königlichen Sammlungen in Dresden.
Von Geheimrat W. v. Seidlitz (Dresden).

Die aus den Beständen der königlichen Sammlungen
in Dresden, und zwar aus der Porzellansammlung aus
dem Historischen Museum, das die ehemalige Rüst-
kammer und die Gewehrgalerie umfaßt, stammenden
Stücke, die bei Lepke in Berlin zur Versteigerung
kommen, erhalten ihr besonderes Gepräge dadurch,
daß sie nicht nach der Laune der erlauchten Besitzer
gesammelt worden sind, sondern durchweg Aus-
stattungsstücke der fürstlichen Hofhaltung darstellen,
die bei dm Reichtum des Landes ohne Rücksicht auf
die Kosten allein in d m Bestreben angeschafft worden
sind, das Beste, was die Zeit bieten konnte, zu erlangen.
Zu dm ältesten Stücken dss Historischen
Museums gehören die gewaltigen Zweihänder aus
der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, von denen
vier „geflammt“ sind; dann die Dolche, zum Teil mit
reich in Silber getriebenen Scheiden, die Reitschwerter
aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, von
vorbildlicher Form mit vorzüglichen Klingen, die
vielfach mit berühmten Namen der Schwertfeger von
Mailand, Toledo und Solingen versehen sind. Ferner
verschiedene Gegenstände wie Seitengewehre der Garden
König August des Starken, Streithacken, Hellebarden
mit dem geätzten sächsischen Wappen, Partisanen,
Spieße, Lanzen, fast alle mit ihrer wohl erhaltenen
Quasten Verzierung. Endlich Pulverflaschen mit ver-
goldeten Beschlägen, worauf das sächsische Wappen
graviert ist, sowie Patronenbüchsen mit der Jahres-
zahl 1587. Die Stücke der letzteren Art werden nicht
nur als Probe der Waffenherstellung, sondern auch vom
Standpunkt der Kunstgeschichte als schöne Erzeugnisse
der Renaissancezeit Interesse erwecken.
Zum ersten Male kommen neben den älteren Schieß-
waffen des Historischen Museums wie den Radschloß-
musketen von 1590, den kunstvoll mit Perlmutter
eingelegten Luntenschloßmusketen und den Faust-
rohren und Puffern, die zum Teile die Jahreszahlen
1587 und 1591 aufweisen, also aus der kurzen Re-
gierungszeit des prachtliebenden Kurfürsten Christian I.
stammen, die mannigfaltigen schön gearbeiteten
Büchsen und Flinten aus der Gewehrgalerie zum
Verkauf, die August der Starke durch die berühmten
Gewehrmacher, die Stifter in Prag, Tiraube in Paris,
Le Lorrain in Valence hat herstellen oder verwenden
lassen, die als vollendete Muster der Gattung anzu-
sehen sind. Eine besondere Seltenheitsspezialität der
Dresdener Sammlung bilden die „Müllerbüchsen“ von
Jost Lagemann in Cassel.
Dazu kommen die Weidblätter aus der Zeit des
Kurfürsten Johann Georg I. (erste Hälfte des 17. Jahr-
hunderts), mit schönen Lederscheiden, der Hirsch-
änger mit der Jahreszahl 1762 und endlich die mit

Bein kunstvoll eingelegten Wandschnepper (Armbrüste)
mit Spannhebel.
Alle diese Stücke zeichnen sich durch die muster-
gültige Erhaltung aus, die sie einer durch die Jahr-
hunderte fortgesetzten sorgfältigen Pflege verdanken.
Die Porzellane, die hier dargeboten werden,
gehören nicht jener Blütezeit der Meißener Manu-
faktur an, die für das Rokokoempfinden eine ganz
neue Form von berückender Schönheit und eigen-
artigem Kunstgepräge gefunden hat, sondern sind
fast ausnahmslos Erzeugnisse aus den ersten 25 Jahren
der Manufaktur (von 1710 bis 1735), die noch durchaus
das Gepräge des kraftvollen Stils der Zeit König August
des Starken an sich tragen, das Heroenzeitalter dieser
Gattung darstellen und in ihren Haupterzeugnissen
bisher noch gar nicht auf den Markt gelangt sind,
sondern allein in der Königlichen Porzellansammlung
zu Dresden bewundert werden konnten. Über die
verschiedenen Formen dieser wichtigen ersten Zeit
der Manufaktur, während der sie allmählich ihren
besonderen Stil ausprägte, bieten die hier gebotenen
Stücke nahezu einen vollständigen Überblick.
Wie die frühesten Meißener Porzellane namentlich
für den Gebrauch des Hofes, für die königlichen Prunk-
service, für die Ausschmückung der Wohnräume be-
stimmt waren, so bildet auch die merkwürdigste der
hier vertretenen Gruppen, die der großen weißgla-
sierten Tiere, Erzeugnisse für einen ganz bestimmten
Zweck, dem sie freilich nur während einer kurzen
Zeit dienstbar gemacht wurden: sie sollten den noch
jetzt in seiner Anlage vollkommen erhaltenen Garten
des Japanischen Palais in der Neustadt von Dresden
zieren, während die großen Säle des vom Feldmarschall
von Fleming erbauten Palais selbst, das ursprünglich
als das Holländische bezeichnet wurde und erst, nach-
dem es vom König erworben worden war, den Namen
des Japanischen Palais erhielt, mit jenen Schiffsladungen
des kostbarsten chinesischen und japanischen Por-
zellans ausgeschmückt wurden, die bis zum Sieben-
jährigen Kriege dort blieben.
Die Reihe der Porzellane wird eröffnet durch das
seltene Böttgersteinzeug, das erst später Glasur er-
hielt, zunächst aber durch vollendetes Schleifen be-
handelt wurde und bald durch tiefen rotbraunen Ton,
bald durch schwärzliche Farbe (Eisenporzellan) wirkt.
Auf diese Nachahmung des chinesischen Steinzeugs
folgen erst nach mehrjährigen Versuchen die weißen
Porzellane der Böttger-Zeit, unter denen der Kinder-
kopf schon etwas Bemalung zeigt.
Nach dem Tode des genialen Erfinders Böttger
entwickelte sich das Meißner Porzellan in den zwan-
ziger Jahren des 18. Jahrhunderts unter dem. Maler
 
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