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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 4.1889

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Marx, Friedrich: Der Stier von Tiryns
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https://doi.org/10.11588/diglit.36644#0137
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Mittheil. d. athcn. Inst. 1886 S. 1/4 Taf. VI 1.4. 18 Der Stier ist also in stürmen-
dem Gang zu denken, nicht auf die Kniee stürzend, und wir kommen mit dem Vor-
bild des Münzbildes der Darstellung des Stiers von Tiryns sachlich näher und zu-
gleich um ein bedeutendes in ältere Zeiten hinauf, ohne dafs eine genauere Be-
stimmung möglich wäre. Wann ist aber der Palast von Tiryns von den Dorern
zerstört worden? Darüber fehlt jede Überlieferung.
Die seit Eratosthenes angenommene landläufige Chronologie setzt den Ein-
bruch der Dorer in die Peloponnes ums Jahr 1100. Inwieweit dieser Ansatz auch
nur annähernde Wahrscheinlichkeit hat und inwieweit die spartanische Königsreihe
den Zeitraum zwischen der 1. Olympiade und dem Datum des Einbruchs der Hera-
kliden auch nur annähernd zu füllen vermag, soll hier nicht erörtert werden; eben-
sowenig die Frage nach der Zuverlässigkeit der Zeitangaben des Thukydides über
die ersten Ansiedlungen der Griechen auf Sicilien. Allgemein vom Standpunkt der
historischen Überlieferung des Altertums können wir die Vernichtung der achaiischen
Königsburg von Tiryns durch die Dorer mit derselben Wahrscheinlichkeit um das
Jahr 800 wie 1100 setzen. Die Dorisierung der Peloponnes dauerte Jahrhunderte
lang: das achaiische Amyklai wurde ja nach einer freilich neuerdings angefochtenen,
aber, wie mir scheint, mit Unrecht angefochtenen Überlieferung erst um 800 unter
König Teleklos von den Spartiaten genommen (Paus. III 2, 6) noch später Helos,
und warum die Dorer in Argolis schneller die altehrwürdigen Achaierburgen ge-
brochen haben sollen als die Spartiaten in der Lakonika ist nicht einzusehen. In
der politischen Geschichte wie in der Kunstgeschichte sind für uns die Jahrhunderte
vom Einfall der Herakliden 1104 bis zum Anfang der Olympiadenrechnung ein
leeres Blatt, sie beruhen auf blofser Schätzungh Der Sturm der Völkerwanderung

6) Offenbar hat man das knieende Schema der lau-
fenden menschlichen Gestalten in der ältesten
Kunst auch auf Tiergestalten übertragen und in
dieser Weise stilisiert, wie es die Münzen von
Characteristische ist dabei, dafs der Kopf des
Stiers erhoben ist. Dasselbe Schema ist weiter
umgebildet zu dem Typus des stofsenden Stiers
Taurica und dem Dionysos mit den Chariten
darstellenden Cameo bei Köhler Ges. Sehr. V
Taf. ß erscheint.
g Als die Dorer die Achäerburg von Tiryns ge-
Mykenai in der Weise, dafs die Burgen dem Gott,
etwa dem Apollon oder der Hera, geweiht wur-
den, so wie Polykrates mit Rheneia verfuhr, dafs

steinerne dorische Tempel, von dem sich das
Capitell einer stark verjüngten dorischen Säule
mit 16 Canneluren und ein Geison auf der Burg
von Tiryns gefunden hat (Schliemann Tiryns
p. 27$) eben jenes erste Anathem der siegreichen
Dorer war, mit dem sie die Vernichtung der
achäischen Königsveste zu besiegeln glaubten,
säule ersetzte, ist aber nach der Form des Ca-
pitells zu urteilen älter wie die ältesten Tempel
 
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