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Junge, Friedrich
Syntax der mittelägyptischen Literatursprache: Grundlagen einer Strukturtheorie — Mainz/​Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 1978

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70996#0030
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auch ohne weiteres bestimmt werden können. Nicht unmittelbar klar ist, welchen Zweck seine
„grammatischen" Subjekte/ Prädikate erfüllen sollen. Eingeführt werden sie mit der Definition,
daß sie solche Elemente des Satzes seien, die gewöhnlich die Bedeutung von „logischen"
Subjekten / Prädikaten zum Ausdruck bringen — was sicherlich nicht gerade die Bedingungen
einer Definition erfüllt. Aus dem ganzen Tenor des Paragraphen (126) geht hervor, daß im
Hintergrund die Vorstellung steht, Subjekte und Prädikate müßten sich irgendwie durch ihre
Form zu erkennen geben (etwa Kongruenz), also daß das „Subjekt-sein" noch eine gram-
matische Aufgabe haben müßte neben der inhaltlich/semantischen. Diese spezielle Aufgabe
wird aber nirgends deutlich gemacht.
Wesentlichen Anteil an dem Versuch der Bestimmung solcher „grammatischer" Subjekte/
Prädikate hat aber doch wohl die Struktur des Übersetzungssatzes, dessen Satzteilgliederung
dem ägyptischen Satz linear zugeordnet wird, beim Adverbialsatz gar in der Übersetzung als
klassisches Urteilsschema
*mk sw m zh'w
„... er ist Schreiber."
So wird denn auch die Definition des „grammatischen" Subjekts / Prädikats durch das „logische"
verständlich: Die Struktur des Übersetzungssatzes wird in allen Fällen beibehalten und seine
linearen Entsprechungen im Ägyptischen als „grammatische" Gliederung angesetzt, während
die Aussage den jeweiligen Kontexten durch geeignete Betonung angepaßt und dies dann als
„logische" Gliederung angesehen wird.
Somit kann geschlossen werden, daß die sog. „grammatischen" Subjekte/Prädikate für die
Beschreibung ägyptischer Sätze irrelevant sind (s. auch Polotsky 1962, 415 und Anm.3). Die
Übersetzung kann nur dazu dienen, den Inhalt/die Aussage des ägyptischen Satzes klar-
zumachen, der Form des Satzes der Übersetzungssprache darf keinerlei Bedeutung hinsichtlich
des ägyptischen Satzes beigemessen werden, oder wenn doch, nur in dem Maße, in dem es vor-
her ausdrücklich zugelassen wurde. Grammatische Form und semantische Gliederung sind zwei
voneinander prinzipiell getrennt zu haltende Beschreibungsebenen.
3.1.2.2 „Logische" Subjekte und Prädikate
Das eben Gesagte heißt freilich nicht, daß nicht ein Grundgedanke Gardiners zu akzep-
tieren wäre: Auch wenn grammatische und semantische Gliederung grundsätzlich voneinander
geschieden sein muß, so müssen doch Einheiten der grammatischen Gliederung mit Einheiten
der semantischen Gliederung korrelieren und ihnen untrennbar verbunden sein. Für den Ad-
verbialsatz hieße dies dann: Das von der Nominalphrase des Adverbialsatzes Ausgedrückte
spielt in der Aussage die Rolle des „logischen" Subjekts, das von der Adverbialphrase Aus-
gedrückte die Rolle des „logischen" Prädikats. Oder auch: NP wird semantisch als Subjekt
interpretiert, AP als Prädikat.
Grammatisch gesehen „ist" demnach auch das Nomen im Adverbialsatz nicht das Subjekt,
sondern eine Nominalphrase, die in der Aussage die „Funktion" eines Subjekts ausübt; ent-
sprechend für Adverb und Prädikat. Was aber semantisch, in der Aussage als Subjekt/Prädikat
zu bestimmen ist, ist eben das „logische" Subjekt/Prädikat; ohne Opposition zu „grammatisch"
kann aber „logisch" weggelassen werden. Wenn im folgenden von Subjekt/Prädikat gesprochen
wird, ist immer das „logische" gemeint; Bedingungen für seine Bestimmung können wie folgt
formuliert werden:

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