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AACHEN.

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die Absicht der Nachahmung entstand, dass wir unter seinen Schätzen kostbares Metallgeräth
aller Art, getriebene und gravirte Tische von Gold und Silber fanden, dass wir dann auch in
Aachen ausdrücklich Metallgiesser beschäftigt gesehen107, so kann uns die Entstehung der
ehernen Gitter und Thüren in carolingischer Zeit nicht weiter befremden. Darum aber ge-
rade bleibt es von ausserordentlichem Interesse, die Momente zu gewahren, in denen die Ver-
schmelzung der antiken römischen Formen, und ihrer Technik mit der fränkischen rohen
Ursprünglichkeit stattfindet. Unvermischte Nachahmung gewahren wir zumeist an den Thüren,
während in den Gittern sich schon neue eigenthümliche Elemente zur Geltung bringen. Wir
betrachten desshalb zunächst die Thüren und dann die Gitter.

6. 6 a—d. 7. 7 a. 7 b.

Das Aachener Münster besitzt noch vier zweiflügelige Metallthüren, welche sich indess
nicht mehr an ihrer ursprünglichen Stelle befinden. Die grosse Hauptthüre des jetzigen Por-
tales (6) befand sich vormals an der Stelle, wo man aus dem Thurmgebäude in das Octogon
trat, während zwei der drei kleineren Thüren den ehemaligen Seitenausgängen nach Norden
und Süden dienten108, die dritte vielleicht den Verschluss zwischen der Kirche und dem vom
Palaste kommenden Verbindungsgange bildete. Sämmtliche vier Thüren, von denen die drei
kleineren unter sich ganz gleich erscheinen, sind zweiflügelig, ihre künstlerische Ausstattung
besteht in einer regelmässigen Feklereintheilung, deren Rahmen auf antike Weise mit Pal-
metten, Blattwerk, Perl- und Eier-Stäben organisirt sind, und in je zwei Löwenköpfen, welche
zur Aufnahme der Handhaben dienen.109 Die grosse Thüre (6) hat 12' 6" Höhe und 8' 9"
Breite. Die Felder haben ohne Rahmen 30" Höhe, 16" Breite; die Rahmenbreite (6d) be-
trägt nicht ganz 6". Die kleinen Thüren sind um die Hälfte kleiner und haben nur 7' 2"
Höhe und 4' 6" Breite. Jeder der Flügel derselben ist in drei Felder getheilt, von denen
das mittelste die Form eines Rechteckes hat, die beiden anderen quadrat sind. Die <pladraten
Felder haben 18" im Gevierte, ohne Rahmen; die rechteckigen dieselbe Breite und 32
Höhe; die Rahmenbreite (7b) beträgt 2" 8Ä".

Wenn nun schon die Anwendung der Feldereintheilung überhaupt und besonders deren
Ornamentation der Kunstweise des römischen Alterthums entspricht, so finden wir dies auch
durchgängig in jedem Gliede. Die Anwendung der Löwenköpfe, als Schmückt heil allgemein,
finden wir an unzählig vielen grossen und kleinen Kunstwerken des Alterthums, speciell als
Handhaben begegnen sie uns auch besonders an Sarkofagen.110 Und was nun endlich die
Verzierung der Rahmen anbetrifft, so entspricht sie ganz und gar dem Typus von Verzierungen,

107. Monach. S. Galt. I. 29.

108. Nolten p. 22 und 37.

109. Merlens in seiner bereits erwähnten Abhandlung war der Erste, der diese Bronzegüsse besprach

und Proben in Abbildungen gab. Nach ihm erschienen sie vollständiger in Gailhabaud's Bau-
kunst vom V—XVI. Jahrb., dessen Aufnahmen wir hier benutzt haben.

110. Noch im Kreuzgange von S. Paul am Gesimse. Aginc, Archit. Taf. 32. Vergl. Otto Jahn, Arch.

Beitr. p. 108.
 
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