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AACHEN.

119

Zelte, und die jugendlichen unbärtigen Gesichter erkennen. Was es mit diesen gepanzerten
Frauen mit den blühenden Lanzen für eine Bewandtniss habe, erzählt uns die Kaiserchronik:
„Der Heidenkönig in Galicien erschlug CarPs ganzes Heer, Carl entkam allein und sass
weinend auf einem Stein, der noch heute nass ist. Ein Engel tröstete ihn und rieth ihm,
statt der erschlagenen Männer Jungfrauen kommen zu lassen. Dies geschah. Es kamen
50,366 ad Portam Caesaris und sammelten sich in Carl's Thal. Da erschraken die Heiden
so sehr über die wiedererstandenen vollbusigen Krieger, dass sie aus Schrecken sich taufen
Hessen. Als aber die Jungfrauen Abends auf grüner Wiese lagerten und ihre Lanzen in
den Boden steckten, grünten diese während des Schlafes, woher der Wald Schäftewald heisst."
Ueberzeugen wir uns aber, dass die Art der Umarmung und der Charakter der Personen zur
Annahme von Frauen zwingt, und wir somit die Raiserchronik unserer Darstellung zu Grunde
legen müssen, so bleibt auch die Reihenfolge dieses Reliefes nach dem vorigen richtig; denn
die Kaiserchronik schliesst mit diesem Ereigniss den spanischen Feldzug.225 Diese Auffassung
verlangt der Charakter der Darstellung. Die Inschrift ist aber nur mit der ersteren verein-
bar, denn der Ausdruck perimendi setzt Männer voraus, und Diejenigen, auf welche perimendi
sich bezieht, sollen im Kriege umkommen, was freilich in der Erzählung der Kaiserchronik
nicht geschieht. Vielleicht sind also hier beide Auffassungen der Sage in einander geflossen,
denn beide sind berücksichtigt.

5. Dieses Relief ist das erste auf der anderen Dachscite und wir finden es abgebil-
det bei 1 b. Die Darstellung zeigt die in der Inschrift des dritten Reliefs bevorstehende
Schlacht, denn wir sehen Todte und Gefallene an der Erde liegen. Carl erblicken wir unter
einem erhöhten Rogen, die untere Körperhälfte von den Todten verdeckt, so dass uns die
Annahme offen bleibt, ihn auf einem Rosse durch einen Thorbogen in eine eroberte Stadt
einziehen, oder auf einem Thurme in Refehl oder Reobachtung zu denken. Die Richtung
aller Gesichter und auch CarPs nach vorwärts zu diesem Rogen hin macht einen Einzug
am wahrscheinlichsten. Indess steht er vielleicht auch weinend in der Capelle, wo er die
Todten findet. Die Handbewegungen CarPs können ebenso wol Erstaunen wie Remitleidung
ausdrücken. Die Inschrift lautet nach unserer eingeklammerten Herstellung :

(Mortem non ausi moriuntur) tempore clausi.
Victor ab hoste redit, clausorum funera plangit.

Welche, nicht wagend den Kampf, indess sich

verborgen, sie sterben.

Siegreich kehrt er zurück, der Verborgenen

Tod zu beweinen.

Die alten Worte der Inschrift zwingen uns, in dieser Schlacht jene zu sehen, welche
auf den Vorgang im dritten Relief folgte. „Denn nachdem er siegreich vom Feinde zurück-
kehrte, bejammerte er den Tod der Eingeschlossenen." Für diese Schlacht vergleiche man

225. Das Manuscript der Bollandisten sagt: „Von den Lanzen, die Nachts in die Erde gesteckt, Mor-
gens mit Rinde und Laub bekleidet waren." Nach Carl Meinet, p. 532, fanden jene Krieger
Carl's, welche in der Schlacht zu fallen bestimmt waren, ihre Speere angewachsen und blühen.
Kaiserchronik, IL p. 3S5, u. III. p. 97t u. 1013, wo auf die älteren Vorbilder dieser Sage
bei Paulus Diakonus, Fredegar u. s. w. hingewiesen wird.
 
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