Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

DOI Artikel:
Küppers, Paul Erich; Oppler, Ernst [Ill.]: Ernst Oppler als Graphiker
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0155

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ernst oppler

fraulein pilz im „karneval"

ERNST OPPLER ALS GRAPHIKER*)

Von Paul Erich Küppers

Im Mondschein gaukelt etwas hin und wieder,
einem Irrlicht gleich, das im dunklen Wald
den zagenden Wanderer narrt. Matt leuchtend
wie Perlmutt schwebt es umher, wie ein
trunkener Falter, der selig über duftende
Wiesen taumelt.. Es will uns nicht zu Sinn,
daß ein Mensch mit des Körpers Schnellkraft,
mit Sprung und Spiel der Glieder solches
Wunder vollbringt. — Es ist die Pawlowa im
„Sterbenden Schwan" . . Schon beginnt der
Tod den schwebenden Reigen zu lähmen,
schon bricht sie ins Knie . . Aus den
fahlen Septimakkorden der Fagotts schwer-
mütig tönt des Sterbens Melodie . . noch ein-
mal mit unnachahmlicher Gebärde streckt sie
die schlanken Arme aus, die Kraft verströmt
und die Musik verstummt. —Wie ein Traum-
bild voll unendlicher Süße zog diese Szene
an uns vorüber und stahl sich mit geheim-
nisvollen Schauern in unser Herz. Und wußte
sie schon uns mit der Grazie ihrer Linien
zu entzücken, wieviel mehr mußte sie erst

*) Die Wiedergabe der graphischen Arbeiten von Ernst Oppler
geschieht mit Erlaubnis des Kunstverlags Ludwig Möller, Lübeck.

dem Künstler zu geben haben! Hier war ja,
was kein Modell der Welt zu schenken ver-
mochte, die rhythmische Bewegung eines aufs
Höchste durchgebildeten, vollkommenen Kör-
pers, eine Ausdruckskraft der Glieder, „die
ohne Instrument und ohne Stoff . . nur mit
Sprung und Beugung, mit entzücktem Werfen
und schmalem Sinken von Armen und Beinen
eine Welt aufrief, beteuerte und vergehen
ließ", eine Zauberwelt von solcher Schönheit
der Farben und der Formen, daß sie jeden
bildenden Künstler unwiderstehlich locken
mußte. Auch Oppler gab sich ihr hin. Im
Winter 1909/10 sah er das russische Ballett
zum erstenmal, und Abend für Abend hingen
seine Augen an der Bühne, auf der Baksts
und Benoits schimmernde Bilder vorüberzogen.

Die üppige Farbenpracht der Inszenierung
mußte den Künstler zunächst auf Pinsel und
Palette hinweisen. Am Morgen nach den
Aufführungen versuchte er die am Abend
vorher genossenen Eindrücke zu verarbeiten
und diese oder jene Szene aus dem Gedächt-
nis heraus mit ein paar Farbflecken zu rekon-

140
 
Annotationen