Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

DOI Artikel:
Küppers, Paul Erich; Oppler, Ernst [Ill.]: Ernst Oppler als Graphiker
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0164

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dem Blumenstrauß weit von sich . . nun steht
sie da wie ein Mensch gewordenes Frühlings-
lied (Abb. S. 140). Von der Musik gleichsam
emporgehoben, gleitet die Karsawina in Fokins
Arm über die Erde, als sei alle Schwerkraft
überwunden (Abb. S. 143), und die Pawlowa
gaukelt vorüber und schwebt hin und her, als
trüge sie unsichtbare Flügel . . (Abb. S. 142).

In diesen Werken spricht sich Opplers zartes
Temperament am schönsten und unvergänglich-
sten aus. In ihnen erklingt die sanfte Saite
seiner zurückhaltenden Natur, erklingt seine
Liebe für das Kultivierte und ästhetisch Schöne,
in ihnen hat er den russischen Tänzern ein
schönes, bleibendes Denkmal gesetzt.

Vielleicht hat er sie in dem Bilde, das er
uns von ihnen entwirft, ein wenig zu zart und
lyrisch aufgefaßt. In ihnen allen steckte mehr
Wildheit, mehr bacchische Ekstase, als uns die
Radierungen Opplers verraten wollen. Seiner
allem Lauten und allem Banalen abholden Natur
lag diese Seite ihres Charakters am wenigsten
und nur einmal, in der „Scheherazade" ist
er auch diesem Wesenszug ihrer Seele gerecht
geworden (Abb. S. 145). Hier hat er die ur-
gewaltige Leidenschaftlichkeit und Sinnlichkeit
jäh aufflammen lassen, die neben aller Kultur
und Verfeinerung in den Herzen dieser slawi-

schen Tänzer schlummert. Hier hat er ver-
sucht, allen Taumel und alles Getöse dieser
großen quirlenden Szene festzuhalten. Was
für ein Leben steckt in dem Körper der Tänze-
rin in der Mitte, die in jauchzender Raserei
die Arme emporwirft! Mit welcher Sicherheit
sind alle die vom Tanz ganz hingenommenen
Gestalten beobachtet! Und doch zerfällt die
Komposition nicht in eine Reihe schöner Einzel-
motive, sondern ein weiches Helldunkel zwingt
alles zu bildmäßiger Einheit. Tollheit, dämo-
nische Wildheit und feurige Zügellosigkeit
leben sich hier in brutalem Rausche aus, der
nur geadelt wird durch den großartigen Rhyth-
mus von Musik und Tanz. Hier ist die Be-
wegungskunst der Russen richtig erfaßt und
gestaltet als eine blendende Mischung uner-
hörter Barbarei und höchster Kultur.

Aber nicht in diesen Blättern allein, auch
in seinen landschaftlichen Arbeiten bleibt
Oppler Musiker und Dichter. In der kleinen Ra-
dierung „Wellenbrecher", die in Blankenberghe
entstand, hat er das Atmen des Meeres, das
Rauschen und Raunen der weiten Wasserfläche
zu starkem Leben erweckt (Abb. S. 149). Selbst
durch seine im Felde in Ost und West entstan-
denen Werke zieht ein versöhnender Ton;
auch „Bei den schweren Mörsern" herrscht

148
 
Annotationen