Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0302
DOI Artikel:
Burger, Willy; Stahl, Friedrich [Ill.]: Friedrich Stahl
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0302
friedrich stahl
iris und tulpen
FRIEDRICH STAHL
Von Dr. Willy Burger
Wir haben keinen Stil mehr, nur noch
Stilarten." Dieser Ausspruch vor mehr
als zwei Jahrzehnten auf die damaligen Ver-
hältnisse im Kunstgewerbe geprägt, trifft heute
vielleicht noch mehr auf den Stand unserer
Malerei zu. Nachdem der Naturalismus ab-
gewirtschaftet hatte, kam das krampfhafte
Suchen nach einem Stil, ein künstlich gemach-
ter Stil; und ist auch hier eine Hereinziehung
von Parallelerscheinungen aus dem modernen
Kunstgewerbe erlaubt, man griff nicht zurück
auf den letzten wirklichen Stil, wie dieses
getan, als es das Vergebliche erkannte, ein-
fach aus dem Intellekt heraus eine neue Form
zu erzeugen, sondern man suchte in der bil-
denden Kunst die entlegensten Vorbilder auf,
eine primitive Volkskunst, die Gebilde der
Natur- und Urvölker, ohne zu ahnen, daß der
Begriff der Entwicklung, der von den Aestheten
daraus abgeleitet wurde, ein rückläufiger, hem-
mender geworden war. Kann es da wunder-
nehmen, wenn bei dem um so lauteren Ge-
Die Kunst für Alle XXXII. 15/16. Mai 1917
281
36
iris und tulpen
FRIEDRICH STAHL
Von Dr. Willy Burger
Wir haben keinen Stil mehr, nur noch
Stilarten." Dieser Ausspruch vor mehr
als zwei Jahrzehnten auf die damaligen Ver-
hältnisse im Kunstgewerbe geprägt, trifft heute
vielleicht noch mehr auf den Stand unserer
Malerei zu. Nachdem der Naturalismus ab-
gewirtschaftet hatte, kam das krampfhafte
Suchen nach einem Stil, ein künstlich gemach-
ter Stil; und ist auch hier eine Hereinziehung
von Parallelerscheinungen aus dem modernen
Kunstgewerbe erlaubt, man griff nicht zurück
auf den letzten wirklichen Stil, wie dieses
getan, als es das Vergebliche erkannte, ein-
fach aus dem Intellekt heraus eine neue Form
zu erzeugen, sondern man suchte in der bil-
denden Kunst die entlegensten Vorbilder auf,
eine primitive Volkskunst, die Gebilde der
Natur- und Urvölker, ohne zu ahnen, daß der
Begriff der Entwicklung, der von den Aestheten
daraus abgeleitet wurde, ein rückläufiger, hem-
mender geworden war. Kann es da wunder-
nehmen, wenn bei dem um so lauteren Ge-
Die Kunst für Alle XXXII. 15/16. Mai 1917
281
36