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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

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Wallsee, Heinrich Egon; Kalckreuth, Leopold von [Ill.]: Graf Leopold von Kalckreuth
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https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0343

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GRAF LEOPOLD VON KALCKREUTH

Von H. E. Wallsee

o immer in der Kunst oder im Leben
man einem aufrechten Manne begegnet,
der, unbekümmert um das Rechts oder Links
der anderen, seinen Weg so nimmt, wie er
es zur Erreichung seiner Ziele für gut be-
findet, ist er der Teilnahme und des Ver-
trauens der Unbefangenen sicher. Auch wenn
sie sonst nicht in allen Stücken mit ihm über-
einstimmen. Man achtet die Kraft, die aus
dem bewußten Willen spricht.

Graf Leopold von Kalchreuth ist solch
ein Aufrechter. Von den Tagen an, da er
die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich ge-
zogen — mit dem in die Weimarer Galerie
aufgenommenen figurenreichen „Leichenzug"
— bis in die allerjüngste Gegenwart hinein,
in der er Herren und Damen aus der Ham-
burger Gesellschaft in Abwechslung mit ham-
burgischen Hafenbildern malt, ist er keinen
Zoll breit von seiner Art abgewichen: mit
einer an Strenge grenzenden Ehrlichkeit und
ohne Konzession an das Schaubedürfnis Dinge
und Menschen so zu malen, wie sie sich in
seiner Vorstellung spiegeln.

Es war gewiß nicht zuletzt diese aufrechte
Art, was Alfred Lichtwarck mit veranlaßte, den
Künstler als Weggenossen nach Hamburg zu
ziehen. Das und noch ein anderes dazu. Licht-

warck hatte beim Antritt seiner Amtstätigkeit
als Direktor der Kunsthalle kein Kleineres im
Auge, als aus Hamburg eine Art nordischen
Münchens zu machen, das den natürlichen
Mittelpunkt für alle künstlerischen Bestrebun-
gen in nordischen Landen abgeben sollte. Da
Schulen fehlten, suchte er sich die Mitarbeit
namhafter Künstler zu sichern. Die gerühmte
landschaftliche Lage und die nicht minder
gerühmte Gastlichkeit Hamburgs verfehlten
ihre Wirkung nicht. Viele der zu Gast gela-
denen Künstler kamen. Nachdem sie sich je-
doch einigermaßen umgetan und erkannt hatten,
daß Klima und Menschen in der Seestadt dem
künstlerischen Streben doch einen spröderen
Widerstand entgegensetzten, als sie nach den
Versicherungen Lichtwarcks erwarten zu dür-
fen vermeint, gingen sie wieder. Lichtwarck
war aber gar nicht danach veranlagt, sich von
Widrigkeiten unterkriegen zu lassen. Und so
gelang es seinem unentwegten Werben schließ-
lich dennoch, zwei Künstler von Rang und
Ruf dahin zu bringen, daß sie ihre starke
Persönlichkeit mit in den Dienst der angestreb-
ten Sache stellten. Der eine war Max Lieber-
mann, der zweite Graf L. von Kalckreuth.
Liebermann, als eingefleischter Berliner, hat
seinen Wohnsitz freilich niemals völlig nach

Die Kunst für AUe XXXII. 17/1S. Juni 1917 321 41
 
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