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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

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Schubring, Paul: Der gotische Schnitzaltar
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https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0353

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GRAF LEOPOLD VON KALCKREUTH

TIERPARK

Gesamtdisposition bei den einzelnen Völkern
zur Klarheit kommen lassen. Was die la-
teinische Sprache für die Klärung, Sauberkeit
und Folgerichtigkeit unseres germanischen
Denkvermögens und unserer Ausdrucksfähig-
keit leistet, das leistet die romanische Kunst
dem deutschen Formdrang. Weit entfernt, uns
zu entwurzeln und dem mütterlichen Leben
der Heimatskunst zu entfremden, ermöglicht
sie uns vielmehr in der Schulung scharfer
Gegensätze und Widersprüche, die eigene
Kunst nicht triebhaft, sondern bewußt zu er-
fassen; ebenso, wie wir erst dann die Re-
geln der deutschen Sprache begreifen, wenn

wir an einem fremden Idiom Laut- und Sprach-
gesetze begriffen haben. Das Triebhafte zu
fördern, Abgeschlossenheit und Ungerechtig-
keit gegen das Fremde zu loben, ist ein übler
Patriotismus und sicher nicht ein Zeichen der
Stärke. Der produzierende Künstler mag solche
Einseitigkeit gegen das Andersartige bisweilen
nötig haben und daß man in Kriegszeiten
sich notgedrungen abschließt, braucht nicht
gesagt zu werden. Niemand aber wird das
als besonderen Vorzug empfinden. Es ist und
bleibt das Vorrecht breiterer Orientierung, die
Höhepunkte des Ausdrucks und der Form da
zu suchen, wo sie am höchsten sind. Das ist

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