Bestimmung jeder Blume und jedes Grases
zuläßt, hat Wilm ein Motiv abgewandelt, das
schon einen Dürer gelockt hat. Aber trotzdem
ist kein realistisches, sondern ein dekoratives
(stilisierendes) Kunstwerk daraus geworden;
denn jede Einzelheit (Blumensterne z. B. oder
die kugelförmigen Samenträger des Löwen-
zahn) ist zweidimensional, also flächig, ge-
sehen und gezeichnet; und es berührt fast
seltsam, solche der Wirklichkeit wider-
sprechende Gebilde zwischen anderen zu
finden, die reines Wirklichkeitsabbild zu sein
scheinen. Aber das ist eben das Eigentüm-
liche und Besondere des Wilmschen Stils,
daß hier die Formen der Natur auf dem
direktesten Wege in Zierformen umgewandelt
werden. Das hat außer Wilm noch kaum
einer mit solcher Folgerichtigkeit auch auf
Vorwürfe dieser Art anzuwenden gewagt. Diese
Arbeit (zu der es eine wunderbar feine und
scharfe Zeichnung — Radiervorlage —, ein
echtes Museumsstück, gibt) muß deshalb, ganz
abgesehen von ihren sonstigen Eigenschaften,
als ein Höhe- und Angelpunkt im graphischen
o. f. moller badende Gesamtschaffen Wilms gewertet werden. Wir
Große Berliner Kunstausstellung, Düsseldorf sjn(J übrigens gewiß, daß sie nOCh manchen
ebenbürtigen Nachfolger haben wird.
nisse der schmerzlichen letzten drei Jahre wach
werden lassen. Das hindert freilich nicht, daß
es Fälle geben kann, in denen uns ein Künst-
ler, allem Leid und allen Bedenken zum Trotz,
in den Bann eines Kriegserlebnisses zwingt,
das in künstlerisch vollendeter Form zu ge-
stalten ihm gegeben war. -^Äk. j
Solch ein Ausnahmefall liegt ohne Zweifel bei HMf^*1^
einer Radierung von Hubert Wilm vor, die im .'tfJHHpKT^^B^r
Jahre 1916 in langwieriger, mühseliger Arbeit ■j^p^5*^5i5
entstanden ist und auch ohne den Titel „Ewiger i^■hb^^^MM» m »
Friede" jedem mit ergreifender Deutlichkeit mW*lS\IK^Im
ihren Grundgedanken offenbarte (Abb. geg. 11 I I '"K
S. 457). Zwischen ragenden Halmen und Grä- ^ * 'y
sern ruht einsam, weitab von menschlichen flKi^m ^^-^^^ jnfiflfe^H
Wohnstätten, am Wiesenrand ein gefallener f&~. .. ^tt^Sk B
Krieger. Die Linke greift nach dem Herzen, HB Es^^lT^tf ■ ~ i'
das längst stille steht; und ewiger Friede um- HlH
glänzt die edlen Züge des jungen Helden.
Nichts unterscheidet ihn mehr von der umge-
benden Natur. Der Gleichmacher Tod hat alles
Trennende ausgelöscht, und Mensch und Pflan-
zen sind eins geworden, gleichwertige Teile '.-■■4
eines gewaltigen Ganzen, des Universums.
Wilm hat in diesem Blatt einer älteren
Arbeit, der „Blumenwiese'*, die letzte Aus- M
deutung, Vertiefung und Weite gegeben. Nun
erst ist sein graphisches Hauptziel: die Um-
bildung der Naturformen in dekorative Kunst-
formen, vollkommen erreicht. Mit einer Ge- kohlhoff hauser
nauigkeit, die SOgar die exakte botanische Große Berliner Kunstausstellung, Düsseldorf
474
zuläßt, hat Wilm ein Motiv abgewandelt, das
schon einen Dürer gelockt hat. Aber trotzdem
ist kein realistisches, sondern ein dekoratives
(stilisierendes) Kunstwerk daraus geworden;
denn jede Einzelheit (Blumensterne z. B. oder
die kugelförmigen Samenträger des Löwen-
zahn) ist zweidimensional, also flächig, ge-
sehen und gezeichnet; und es berührt fast
seltsam, solche der Wirklichkeit wider-
sprechende Gebilde zwischen anderen zu
finden, die reines Wirklichkeitsabbild zu sein
scheinen. Aber das ist eben das Eigentüm-
liche und Besondere des Wilmschen Stils,
daß hier die Formen der Natur auf dem
direktesten Wege in Zierformen umgewandelt
werden. Das hat außer Wilm noch kaum
einer mit solcher Folgerichtigkeit auch auf
Vorwürfe dieser Art anzuwenden gewagt. Diese
Arbeit (zu der es eine wunderbar feine und
scharfe Zeichnung — Radiervorlage —, ein
echtes Museumsstück, gibt) muß deshalb, ganz
abgesehen von ihren sonstigen Eigenschaften,
als ein Höhe- und Angelpunkt im graphischen
o. f. moller badende Gesamtschaffen Wilms gewertet werden. Wir
Große Berliner Kunstausstellung, Düsseldorf sjn(J übrigens gewiß, daß sie nOCh manchen
ebenbürtigen Nachfolger haben wird.
nisse der schmerzlichen letzten drei Jahre wach
werden lassen. Das hindert freilich nicht, daß
es Fälle geben kann, in denen uns ein Künst-
ler, allem Leid und allen Bedenken zum Trotz,
in den Bann eines Kriegserlebnisses zwingt,
das in künstlerisch vollendeter Form zu ge-
stalten ihm gegeben war. -^Äk. j
Solch ein Ausnahmefall liegt ohne Zweifel bei HMf^*1^
einer Radierung von Hubert Wilm vor, die im .'tfJHHpKT^^B^r
Jahre 1916 in langwieriger, mühseliger Arbeit ■j^p^5*^5i5
entstanden ist und auch ohne den Titel „Ewiger i^■hb^^^MM» m »
Friede" jedem mit ergreifender Deutlichkeit mW*lS\IK^Im
ihren Grundgedanken offenbarte (Abb. geg. 11 I I '"K
S. 457). Zwischen ragenden Halmen und Grä- ^ * 'y
sern ruht einsam, weitab von menschlichen flKi^m ^^-^^^ jnfiflfe^H
Wohnstätten, am Wiesenrand ein gefallener f&~. .. ^tt^Sk B
Krieger. Die Linke greift nach dem Herzen, HB Es^^lT^tf ■ ~ i'
das längst stille steht; und ewiger Friede um- HlH
glänzt die edlen Züge des jungen Helden.
Nichts unterscheidet ihn mehr von der umge-
benden Natur. Der Gleichmacher Tod hat alles
Trennende ausgelöscht, und Mensch und Pflan-
zen sind eins geworden, gleichwertige Teile '.-■■4
eines gewaltigen Ganzen, des Universums.
Wilm hat in diesem Blatt einer älteren
Arbeit, der „Blumenwiese'*, die letzte Aus- M
deutung, Vertiefung und Weite gegeben. Nun
erst ist sein graphisches Hauptziel: die Um-
bildung der Naturformen in dekorative Kunst-
formen, vollkommen erreicht. Mit einer Ge- kohlhoff hauser
nauigkeit, die SOgar die exakte botanische Große Berliner Kunstausstellung, Düsseldorf
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